HDP: Hoffnungsträgerin der Frauen

Auf der HDP-Kandidatinnenliste für die Parlamentswahlen am 24. Juni sind Frauen verschiedenster Nationalitäten und Religionen, aller Altersklassen und sozialen Schichten vertreten.

Die inhaftierte ehemalige Ko-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdağ, hatte einmal gesagt: „Frauen sind die Kraft und die Konstrukteurinnen eines neuen Lebens. Wir werden die Solidarität unter uns Frauen niemals aufgeben, sondern mit einem Lächeln Widerstand leisten. Wir Frauen werden siegen.” Die HDP ist die erste und einzige Partei in der Türkei, bei der alle Ebenen paritätisch mit Frauen und Männern besetzt werden. Gleichgültig ob Gemeinde- oder Bundesebene, überall in der HDP gibt es Doppelspitzen mit einer Frau und einem Mann. Auf der Liste der HDP kandidieren bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 24. Juni von insgesamt 600 Kandidat*innen 230 Frauen. Die Frauenquote beträgt somit über 38 Prozent.

Ein Blick auf die Kandidatinnenliste der Demokratischen Partei der Völker reicht aus, um die Vielfalt der verschiedensten weiblichen Farben deutlich zu sehen.

Beginnen wir mit Pervin Buldan, der Ko-Vorsitzenden der HDP. Der politische Kampf von Pervin Buldan begann 1994, als ihr Ehepartner Savaş Buldan Opfer eines „staatlichen Mordes“, also eines von der Regierung als „unaufgeklärt“ eingestuften Verbrechens wurde. In den 1990er Jahren ließ der türkische Geheimdienst Hunderte Menschen auf diese Weise verschwinden. In den folgenden Jahren engagierte sich Pervin Buldan in mehreren Menschenrechtsvereinen. So war sie zum Beispiel Mitglied im Verein Mag-Der, der jedoch wegen sogenannten Verstößen gegen das türkische Vereinsgesetz verboten wurde. Daraufhin gründete sie 2001 den Verein Yakay-Der, ein Hilfs- und Beistandsverein für Familien, die ihre Angehörigen verloren haben und auf das Schicksal der verschwunden gelassenen Personen aufmerksam machen. Bis heute ist Pervin Buldan Vorsitzende des Vereins.

Zeugin der Belagerung von Sûr: Remziye Tosun

Die Kandidatin Remziye Tosun geht in der nordkurdischen Provinz Amed (Diyarbakir) für die HDP ins Rennen. Ihr Name wird sicherlich den meisten ein Begriff sein: Ende November 2015 war über den Altstadtviertel Sûr eine Ausgangssperre verhängt worden. Es folgte ein Krieg der türkischen „Sicherheitskräfte“ gegen die kurdische Bevölkerung, dem unzählige Menschen zum Opfer fielen. Monatelang musste die Bevölkerung unter den schlimmsten Bedingungen ohne Wasser, Lebensmittel und medizinischer Versorgung ausharren und wurde von Scharfschützen und aus Hubschraubern beschossen und bombardiert. Auch Remziye Tosun versuchte mit ihren sechs Kindern im Keller eines Wohnhauses am Leben zu bleiben. Nachdem sie geborgen wurde, musste sie mit ihrer 2-jährigen Tochter Bêrîtan ins Gefängnis. Erst vergangenes Jahr im Mai wurde Tosun aus dem Gefängnis Typ-E von Diyarbakir entlassen.

Kandidatur aus dem Gefängnis

Leyla Güven ist Ko-Vorsitzende der zivilgesellschaftlichen Organisation „Demokratischer Gesellschaftskongress“ (DTK). Seit Januar befindet sie sich in politischer Geiselhaft, weil sie den Angriffskrieg des türkischen Staates gegen den nordsyrischen Kanton Efrîn kritisiert hatte. Ihr politisches Engagement begann 1994 als Kreisverbandsmitglied der HADEP. Bei den Parlamentswahlen kandidiert sie für die Provinz Colemêrg.

Rechtsanwältin Meral Danış Beştaş

Die HDP-Abgeordnete Rechtsanwältin Meral Danış Beştaş kandidiert für die nordkurdische Provinz Sêrt (Siirt). Sie war Vorstandsmitglied der Anwaltskammer Amed und wurde 1998 mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar ausgezeichnet. Größere Bekanntheit erlangte sie 2009 jedoch, als sie mit mehreren Kolleginnen den türkischen Staat für seine Tolerierung von Männergewalt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte niederrang. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die Türkei verurteilt, weil sie eine Frau und ihre Mutter nicht vor der Gewalt des Ehemannes beschützt hat (Fall Nahide Opuz).

Sozialistische Frauen

Die Vorsitzende der Partei der Sozialistischen Wiedergründung (SYKP), Tülay Hatimoğulları, ist HDP-Kandidatin für Adana. Sie gehört der religiösen Sondergemeinschaft der Alawiten an. Oya Ersoy, die in der vergangenen Periode den Vorsitz der Volkshäuser innehatte, kandidiert für die HDP in Istanbul.

Feministische Repräsentanz

Die HDP-Fraktionsvorsitzende Filiz Kerestecioğlu geht dieses Mal nicht wie gewohnt in Istanbul, sondern in der türkischen Hauptstadt Ankara ins Rennen für einen Parlamentssitz. Die feministische Anwältin und Autorin des Protestsongs Kadınlar Vardır („Frauen gibt es”) hat 1984 die juristische Fakultät der Universität Ankara abgeschlossen und während ihrer 30-jährigen Tätigkeit als Juristin auch als Chefredakteurin der Zeitschrift „Aktuelles Recht” gearbeitet.

Hüda Kaya

Auch die gläubige und bedeckte Menschenrechtlerin Hüda Kaya, die sich, politisch von ganz rechts kommend, zunächst dem Demokratischen Volkskongress HDK anschloss, bevor sie 2015 für die HDP ins Parlament einzog, kandidiert bei den diesjährigen Wahlen. Die Aktivistin engagiert sich seit vielen Jahren für die Rechte und bessere Bildungschancen von Frauen und die Beachtung der Menschenrechte. Sie forschte im Nahen Osten, in der Türkei und in weiteren Ländern zu diesen Themen.

Feleknas Uca

Die Ezidin Feleknas Uca wurde bei den Parlamentswahlen am 7. Juni 2015 für die HDP im Wahlkreis Amed ins Parlament gewählt. Die in Celle geborene Politikerin bekleidete in der Vergangenheit verschiedene Ämter in der PDS bzw. in der Linkspartei und war von 1999 bis 2009 Europaabgeordnete für Die Linke in der GUE/NGL-Fraktion. Als Europaabgeordnete war sie Mitglied im Entwicklungsausschuss, Stellvertreterin für den Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, Stellvertreterin im Unterausschuss Menschenrechte und Mitglied der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei. Uca kandidiert im Wahlkreis Êlih (Batman).