Haftbefehl gegen Meryem Soylu aufgehoben
Der Haftbefehl gegen die unter Terrorvorwürfen angeklagte kurdische Seniorin Meryem Soylu ist aufgehoben worden. Der Prozess wird im September fortgesetzt.
Der Haftbefehl gegen die unter Terrorvorwürfen angeklagte kurdische Seniorin Meryem Soylu ist aufgehoben worden. Der Prozess wird im September fortgesetzt.
Der 5. Schwurgerichtshof Diyarbakir (ku. Amed) hat den Haftbefehl gegen Meryem Soylu aufgehoben. Der Prozess gegen die Seniorin, die im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen den Solidaritätsverein MEBYA-DER Anfang März wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft in Amed verhaftet worden war, soll im September fortgesetzt werden. Bis dahin bleibt die knapp 80-Jährige auf freiem Fuß.
Beim heutigen Prozessauftakt war Soylu nicht persönlich anwesend, sondern wurde aus dem Frauengefängnis in Amed über eine Videoschalte in den Gerichtssaal eingebunden. Da ihr die Anklageschrift im Vorfeld nicht übermittelt worden war, wurde eine Übersetzung ins Kurdische bei der Verhandlung verlesen. Nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakir bestünde eine „organische Verbindung“ zwischen MEBYA-DER, der sich für Menschen engagiert, die Angehörige im kurdischen Befreiungskampf verloren haben, und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Soylu wies darauf hin, dass die Organisation legal sei. „Unsere Vereinsaktivitäten bestehen ausschließlich aus den in der Satzung genannten Zwecken. Wir führen keine Handlungen durch, die eine juristische Kriminalisierung erfordern”, sagte die Seniorin. „Ich habe drei Kinder im Alter von 18, 20 und 25 Jahren in diesem Krieg verloren. Als Mutter habe ich mich nur für Frieden eingesetzt und dafür, den Krieg zu beenden – ohne jemanden zu diskriminieren”. Die Anschuldigung, Befehle oder Anweisungen von der PKK erhalten zu haben, wies Soylu zurück. Ebenso bestritt sie, Teil der Hierarchie innerhalb der kurdischen Arbeiterpartei gewesen zu sein.
Zu einer Kontroverse kam es, als Soylus Verteidiger Önder Alçiçek Kritik an der Bezeichnung „Kadaver” für die Leichen von Guerillakämpfer:innen durch die Staatsanwaltschaft formulierte. Das verletze die Menschenwürde und sei ein Zeichen der „politischen Befangenheit”. Alçiçek wies das Gericht zudem darauf hin, dass es sich bei den zwei Belastungszeugen, auf deren Aussagen sich die Anklageschrift gegen seine Mandantin tweilweise stützt, um Personen handele, die vom Reuegesetz profitiert hätten. „Beide haben ihre Aussagen ohnehin inzwischen zurückgezogen”, so Alçiçek.
Das Verfahren gegen Meryem Soylu wird am 14. September fortgesetzt. Bei einer Verurteilung droht ihr eine Haftstrafe zwischen siebeneinhalb und fünfzehn Jahren.