Gemeinsam Kämpfen: Jin, Jiyan, Azadî – Gemeinsam verteidigen wir das Leben!

Am 8. März freuen wir uns, an den verschiedensten Orten mit anderen kämpfenden Feminist:innen auf der Straßen zu sein. Als feministische Organisierung „Gemeinsam Kämpfen“ grüßen wir alle kämpfenden Frauen und Menschen weiterer unterdrückter Geschlechter!

Die feministische Organisierung „Gemeinsam Kämpfen – Für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie“ ist vor etwas mehr als fünf Jahren als deutschlandweite Kampagne gestartet. Ziel war es, die Ideen der Revolution der selbstverwalteten Region Nord- und Ostsyriens, auch geläufig als Rojava, in Deutschland bekannter zu machen und zu verteidigen. In den darauffolgenden Jahren hat sich „Gemeinsam Kämpfen“ zu einer eigenen Organisierung weiterentwickelt, die über reine Solidaritätsaktionen für Rojava hinausgeht, denn wir lernen von dieser Revolution. Wir wollen auch hier in dieser Geografie eine breite Organisierung von Frauen und Menschen weiterer unterdrückter Geschlechter aufbauen, die sich in Verbindung sieht mit allen feministischen Kämpfen weltweit, und die Befreiung des Lebens vorantreibt. Wir wollen im Sinne eines gelebten Internationalismus Bündnisse und Netzwerke aufbauen, die unsere Kämpfe verbinden und stärken. Es ist unsere Aufgabe, eine geeinte antikoloniale Kraft im Herzen Europas – einem Machtzentrum globaler Ausbeutung und Unterdrückung – aufzubauen. Es ist unsere Aufgabe, eine geeinte Kraft gegen das weltweite Patriarchat zu schaffen. Wir sind uns bewusst: wir können nur frei sein, wenn alle frei sind.

Hinter Jin-Jiyan-Azadî steht eine revolutionäre Bewegung zur Befreiung des Lebens

Seit 2012 wird nun schon ein alternatives Gesellschaftssystem in Rojava, in Nord- und Ostsyrien gelebt. Bevor dieses jedoch errichtet werden konnte, brauchte es 35 Jahre harter, opfervoller Arbeit im Aufbau einer entschlossenen Organisierung, die hauptsächlich nur im Untergrund passieren konnte. Die konkreten Erfahrungen und Erfolge der Frauenrevolution, die dort nun seit über zehn Jahren gemacht werden, und die dahinter liegende Geschichte sind auch für uns eine große Chance und Hoffnung.

So sind wir der festen Überzeugung, dass eine andere Welt, eine ökologische, geschlechterbefreite und basisdemokratische Welt möglich ist, eine Welt ohne Krieg, Hunger und Gewalt. Selbstverwaltung und Basisdemokratie, also die unmittelbare Beteiligung der Menschen an den Fragen und Entscheidungen ihres Zusammenlebens, sind für uns konkrete emanzipatorische Konzepte und Ziele, die wir wieder in unseren Gesellschaften erreichen wollen. Und wir sagen „wieder“, weil wir durch Geschichtsforschungen freudig entdecken, dass Menschen überall auf der Welt nach diesen Prinzipien zusammengelebt haben - in der langen Menschheitsgeschichte vor dem Patriarchat. Das Zauberwort dafür lautet: Verbundenheit. Mit allem, das lebt.

Die Aufstände im Iran in den vergangenen Monaten zeigen uns, dass die Kämpfe für gesellschaftliche Befreiung, angeführt von Frauen und Jugendlichen, nicht aufhören sich zu verbreiten. Der Slogan „Jin Jiyan Azadî“ - Frauen Leben Freiheit - der kurdischen Frauenbewegung hat die Idee eines revolutionären feministischen Aufbruchs in die ganze Welt getragen. Hinter „Jin Jiyan Azadî“ steht eine eigene Philosophie, eine revolutionäre Bewegung zur Befreiung des Lebens an sich, die in ihrem Kern die Befreiung von Frauen und allen unterdrückten Geschlechtern trägt.

Außenpolitik bleibt patriarchal, solange sie die gegenwärtige Machtordnung stützt

Wenn sich nun jedoch Regierungsmitglieder mit der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ schmücken, ist dies keine Solidarität, sondern der Versuch des kapitalistischen Patriarchats, sich eine starke Protestbewegung einzuverleiben, um diese zu schwächen und die eigenen Machtansprüche aufrechtzuerhalten. Wenn Annalena Baerbock sich für die Rückgabe von Bronzefiguren an die Regierung Nigerias hochleben lässt, während eine Sammelabschiebung aus Deutschland nach Nigeria stattfindet, ist dies eine verlogene Weiterführung einer rassistischen und kolonialen Interessenpolitik. Nur weil die deutsche Außenpolitik aktuell von einer Frau angeführt wird, kann diese noch lange nicht als feministisch bezeichnet werden. Sie bleibt patriarchal, solange sie die gegenwärtige Machtordnung stützt und von ihr profitiert.

Wir erleben momentan die Zuspitzung globaler Machtkämpfe und die Zunahme kriegerischer, patriarchaler Gewalt. Der Kapitalismus steckt gerade in der Krise, und das ist unsere große Chance. Wir brauchen ein grundlegend anderes Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das auf den wirklichen Bedürfnissen der Menschen beruht und nicht auf kapitalistischen Profitinteressen. Wir müssen verstehen und fühlen, dass wir von unserer Natur und dem Leben entfremdet worden sind und dass wir wieder ein Bewusstsein entwickeln müssen, das das Leben in den Mittelpunkt stellt, es schützt und bewahrt. Dass wir ein System aufbauen müssen, das auf Respekt und Verbundenheit zwischen allen Lebewesen beruht.

Dies ist keine zufällige Utopie, sondern die Schönheit der Revolution. Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir uns gemeinsam mit allen unterdrückten Menschen über alle Grenzen hinweg organisieren, unsere Spaltungen überwinden und in unserer Vielfalt unsere Stärke und Widerstandskraft finden.

We are unstoppable, another world is possible!

Als Gemeinsam Kämpfen organisieren wir uns deutschlandweit – auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. In Ostdeutschland ist es noch nicht lange her, dass es auch dort eine starke Friedensbewegung gab, die sowohl die autoritäre DDR als auch das kapitalistische System ablehnte und sich auf die Suche nach einem freien, demokratischen Sozialismus gemacht hat. Und so stehen wir auch heute wieder alle zusammen auf der Straße, weil wir Veränderung brauchen - hier und weltweit. Das Patriarchat ist nicht alternativlos. Das kapitalistische System ist nicht alternativlos. Was uns heute unterdrückt, ist einst von Menschenhand geschaffen worden, deshalb können wir es auch wieder abschaffen. Die feministische Revolution in Rojava, die uns als Vorbild dient, und alle derzeitigen Befreiungsbewegungen und Aufstände gilt es mit aller Kraft zu verteidigen.

Lasst uns dabei nicht lockerlassen. Lasst uns organisiert sein und bleiben. Lasst uns dabei Seite an Seite mit den feministischen Aufständen im Iran, in Kurdistan und weltweit stehen, bis sie erfolgreich sein werden. Auch für uns wird die Stunde hier einmal wieder schlagen! Und unsere Entschlossenheit wird dafür ausschlaggebend sein.

Dass wir heute an den verschiedenen Orten zusammenkommen, ist ein wichtiger Schritt. Wir schließen uns zusammen, um Veränderung zu schaffen, um gemeinsam zu kämpfen. Wir müssen die Verantwortung und den Glauben in unserem Umfeld und in uns stärken, dass eine andere Welt möglich ist - und dass wir alle zusammen diese Welt sind.

We are unstoppable, another world is possible! Jin Jiyan Azadî!