Gefangene Frauen kündigen Aktionen gegen Repression an

Frauen aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Xarpêt (Elazığ) berichten in einem Brief über die systematischen Rechtsverletzungen durch die Gefängnisleitung und kündigen Aktionen des zivilen Ungehorsams an.

22 im Hochsicherheitsgefängnis von Xarpêt inhaftierte Frauen haben über ihre Anwält*innen einen Brief an die Öffentlichkeit übermittelt, in dem sie die systematischen Rechtsverletzungen im Gefängnis anprangern.

„In unserer Zelle befinden sich sechs Kameras“

Der Brief der gefangenen Frauen lautet:

„Wir wurden am 6. August 2018 aus dem T-Typ-Gefängnis von Elazığ in ein als R-Typ neu erbautes, dann aber vom Justizministerium in das Frauengefängnis von Elazığ umgewandelte Gefängnis verlegt. Wie Sie wissen, wurden die R-Typ-Gefängnisse für kranke Gefangene gebaut. Deshalb befinden sich allein in unserer Zelle sechs Kameras und viele Beobachtungsfenster. Dabei handelt es sich um eine Eingriff in verfassungsmäßig garantierte Persönlichkeitsrechte. Diese Praxis steht darüber hinaus im Widerspruch des Grundsatzes des Rechts auf ein Privatleben.

Aus diesem Grund haben zwei unserer Vertreterinnen Gespräche mit den Verantwortlichen geführt und Dutzende Male unsere Forderung nach einem Abbau der Kameras vorgebracht. Wir haben an alle zuständigen Stellen Briefe zur Aufhebung dieser Praxis geschrieben. Als wir auf unsere Forderungen keine positive Antwort erhielten, haben wir uns entschieden, die Kameras - ohne sie zu beschädigen - zu blockieren. In dieser Zeit erreichte die Gefängnisleitung eine Entscheidung des Justizministeriums zum Abbau der Kameras. Diese Entscheidung wurde nicht an uns weitergegeben. Stattdessen wurde den Freundinnen, die die Kameras zudeckten, Sanktionen in Form von Isolationshaft auferlegt. Außerdem hat die Gefängnisleitung entgegen der Entscheidung des Justizministeriums auch noch die Kamera, die sich in unserem Hof befindet, aktiviert.

„Wir können unser Recht auf Gesundheit nicht nutzen“

Wir sollten eigentlich einen Tag in der Woche auf der Krankenstation verbringen, dies geschieht allerdings nur alle 20 Tage. Der Gefängnisarzt führt keine Untersuchungen durch, sondern verweist in allen Fällen auf „psychische Probleme oder Stress“ und schickt uns zurück in unsere Zellen. Dazu kommt, dass wir alle einzeln zur Krankenstation gebracht werden. Daher haben wir nun die Entscheidung getroffen, nicht mehr auf die Krankenstation zu gehen. Wenn wir ins Krankenhaus gebracht werden, unterliegen wir einer militärischen Zählung. Unser Recht auf Gesundheit können wir nicht in Anspruch nehmen.

„Es wird systematisch Isolation angewandt“

Die vor zehn Jahren aufgehobene Gefängnisordnung von 2004 wurde in vielen Gefängnissen im Rahmen des Ausnahmezustands wieder in Kraft gesetzt. Im Ausnahmezustand und danach haben die Gefängnisse selbst ihr eigenes Bestrafungssystem geschaffen. Als politische Gefangene werden wir außerdem mit Disziplinarstrafen überzogen. Die Gefängnisleitung versucht durch diese Anordnungen, ihren Verletzungen des Rechts auf Leben und anderer Grundrechte Legitimität zu verleihen. In dem Gefängnis, in dem wir uns befinden, wird dieses System angewandt. Jede Woche werden Sanktionen aufgrund von Parolen verhangen, die wir als Ausdruck unserer Meinungsfreiheit rufen. Es wird versucht, uns von unseren Familien abzuschneiden. Wir werden systematisch isoliert. Die Strafen werden ebenso erteilt, um eine vorzeigte Entlassung zu verhindern. Der Gefängnisdirektor akzeptiert aus Willkür unsere Vertreterinnen nicht. Aus diesem Grund bestehen Hindernisse bei allen Treffen und Gesprächen mit der Gefängnisleitung. Bis unsere Vertreterinnen akzeptiert und unsere Forderungen erfüllt werden, nehmen wir im Rahmen unserer Rechte Aktionen des zivilen Ungehorsams auf.“