Frauen*-Streik-Bündnis in Solidarität mit Leyla Güven
In Biel hat die Konferenz zur Vorbereitung des Frauen*Streiks am 14. Juni stattgefunden. Gemeinsam mit den rund 500 anwesenden Frauen wurde ein Manifest als Appell zum Frauen*-Streik verfasst.
In Biel hat die Konferenz zur Vorbereitung des Frauen*Streiks am 14. Juni stattgefunden. Gemeinsam mit den rund 500 anwesenden Frauen wurde ein Manifest als Appell zum Frauen*-Streik verfasst.
Knapp 30 Jahre nach dem ersten und bisher letzten Frauenstreik im Jahr 1991 findet am 14. Juni der zweite Frauenstreik in der Schweiz statt. Am Sonntag hat in Biel die Konferenz zur Vorbereitung des Streiks stattgefunden. Frauen aus der ganzen Schweiz machten sich im Bieler Volkshaus für ihre Anliegen stark und lancierten den Streik. Gemeinsam mit den rund 500 anwesenden Frauen wurde ein Manifest als Appell und Aufruf zum Frauenstreik verfasst. Darin heißt es:
„Wir, Frauen* mit oder ohne Partnerschaft, mit oder ohne Kinder, mit oder ohne Arbeit, mit und ohne Behinderung, Hetero, FLINT, ob jung, erwachsen oder alt, hier oder in einem anderen Land geboren, unterschiedlicher Kultur und Herkunft, wir alle rufen auf zum Frauen*-Streik am 14. Juni 2019. Wir wollen die tatsächliche Gleichstellung und wir wollen selbst über unser Leben bestimmen. Deshalb werden wir am 14. Juni 2019 streiken!“
Lohngleichheit, Aufwertung der Frauenberufe, kostenlose Abtreibungen
Viele der Frauen kamen in der Farbe Violett gekleidet, dazu aufgerufen hatte die nationale Koordination des Frauenstreiks. In ihrem Streikaufruf fordern die Frauen unter anderem Lohngleichheit und eine Aufwertung der Frauenberufe. Außerdem fordern sie eine Reduktion der Arbeitszeiten, um bezahlte und unbezahlte Arbeit besser aufteilen zu können. Das vorherrschende Wirtschaftsmodell werte Menschen ab und zerstöre die Ressourcen der Erde, so die Frauen. Zu den weiteren Forderungen gehörten der Erlass der Tampon-Steuer, kostenlose Abtreibungen und gratis Verhütungsmittel.
„Wir sind stark in unserer Vielfalt und wir fordern das Recht auf ein freies Leben, in einer Gesellschaft, die gleiche Rechte für alle garantiert. Wir wollen eine solidarische, gleichberechtigte und eine, insbesondere Frauen* gegenüber, gewaltfreie Gesellschaft. Wir unterstützen, was die Isländerinnen sagen: „Ändern wir nicht die Frauen, ändern wir die Gesellschaft!“, hieß es weiter.
„Der Widerstand von Frauen* befreit uns alle!“
Die kurdische Frauenbefreiungsbewegung war auf der Konferenz ebenfalls präsent und wurde vertreten vom Jineolojî-Komitee Europa. In der Ansprache wurden solidarische Grüße an Leyla Güven gerichtet, die sich im 124. Tag ihres Hungerstreikes befindet und an alle anderen Menschen, die sich auf der ganzen Welt mit ihrem Hungerstreik solidarisieren.
Die Rede zum Nachlesen:
„Leyla Güven ist eine kurdische Politikerin, die in der Türkei inhaftiert wurde, weil sie sich gegen den Krieg in Efrîn und den Angriff der Türkei auf Rojava stellte, weil sie für die Freiheit der Frauen kämpft und die Aufhebung der Isolierung von Abdullah Öcalan fordert. Heute setzt Leyla Güven ihren Körper als letzte Warnung für den Kampf um Freiheit ein, es ist ihr Mittel des Kampfes für das Leben, nicht für den Tod. Ein Kampf um ein bedeutungsvolles Leben in Freiheit. Leyla Güven und die über 300 Hungerstreikenden kämpfen gegen Faschismus, Patriarchat und Kolonialismus, für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit aller Frauen* und für eine befreite Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Das von Abdullah Öcalan entwickelte Paradigma des demokratischen Konföderalismus stellt für uns alle eine lebbare Alternative zur kapitalistischen Moderne dar. Einmal mehr zeigt sich, dass wir uns als Frauen* autonom organisieren müssen, denn „mit dem Werkzeug des Mannes können wir den Palast des Herrschers nicht abreißen“ (Audre Lorde). Jineolojî ist die Wissenschaft der Frau* des Lebens und der Gesellschaft, denn wir alle haben eine Geschichte. Frauen* haben eine kollektive Geschichte. Doch sie wurde nicht geschrieben, sondern vertuschen, verachtet und vom Patriarchat ausgelöscht und vernichtet. Dagegen müssen wir aufstehen, uns als Frauen* gemeinsam organisieren und solidarisieren.
Auch der 8. März hat eine Geschichte. Auf der Internationalen Konferenz von 1910 in Kopenhagen wurde der 8. März als internationaler Frauen-Kampf-Tag ausgerufen. Heute, über 100 Jahre danach kämpfen wir weiterhin für unsere Freiheit, denn die Freiheit kann uns niemand geben, die Befreiung der Frauen* kann nur von den Frauen* selbst aufgebaut werden. Der 8. März und der Frauenstreik ist ein gutes Signal, doch ein Tag im Jahr reicht nicht aus. Wie Sakine Cansiz schrieb: „Unser ganzes Leben ist ein Kampf!“ und dafür ist es wichtig, dass wir unsere Geschichte kennen – die Geschichte des Widerstandes – all der Frauen*, Revolutionär*innen und Schwestern vor uns, die sich für ein Leben in Freiheit, Würde und Respekt einsetzten. Denn nur mit dem Wissen, über uns selbst und unsere Geschichte, können wir die Fremdbestimmung, Unterdrückung und Ausbeutung überwinden und uns auf ideologische Weise selbst verteidigen!
Wenn Frau will, steht alles still!
Jin, Jiyan, Azadî!“