Feminizid an Yüksel Yargan: Prozessauftakt in Duisburg

Yüksel Yargan wurde Anfang des Jahres mit 27 Messerstichen ermordet. In Duisburg hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder begonnen. Vor dem Landgericht protestierten Aktivistinnen gegen Feminizide.

„Kein Vergeben, kein Vergessen, es war Mord!“

Vor dem Landgericht Duisburg hat der Prozess zum Feminizid an Yüksel Yargan begonnen. Yüksel Yargan ist Ende Februar 2024 in einem Imbiss in Hünxe-Drevenack erstochen worden. Der Angeklagte ist der Mann, mit dem sie verheiratet war. Er soll morgens in dem gemeinsamen Imbiss auf Yüksel Yargan gewartet und sie dann mit 27 Messerstichen ermordet haben. Die Staatsanwaltschaft geht von „Eifersucht“ als Tatmotiv aus. Die Verhandlung wurde vertagt, die Urteilsverkündung wird im November erwartet.


Vor dem Duisburger Landgericht protestierten Frauen und riefen „Kein Vergeben, kein Vergessen, es war Mord!“. Die Aktivistinnen, darunter Angehörige, Bekannte und Mitglieder des kurdischen Frauenrats in Duisburg, hielten Bilder von Yüksel Yargan in den Händen und riefen zum Kampf gegen Feminizide auf. Dabei wurde auch die Parole „Jin Jiyan Azadî“ (Frau Leben Freiheit) skandiert.

Yüksel Yargan war Mutter von drei Kindern. Sie stammte aus Nordkurdistan und gehörte der ezidischen Glaubensgemeinschaft an. In der kurdischen Community im Kreis Wesel und darüber hinaus war sie bekannt und beliebt.

Feminizid

Feminizid oder Femizid ist Mord beziehungsweise die gewaltsame Tötung aufgrund des gelesenen Geschlechts. Dazu zählen Morde von Lebenspartnerinnen, aber auch Unbekannten. Die Unterscheidung der Worte Femizid und Feminizid bezieht sich zum einen auf geschlechtsspezifische Ursachen der Tötung und zum anderen auf eine in der Tat deutlich werdende Systematik von Tötungen an Frauen, welche auch Komponenten staatlicher Verantwortung hervorhebt.

Um die strukturellen Ursachen dieses Problems sichtbar zu machen, hat die Feministin Diana E.H. Russel den Begriff Femizid eingeführt, der die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts beschreibt. In den 1990ern wurde der Begriff von der mexikanischen Anthropologin Marcela Lagarde durch den Begriff Feminizid ersetzt – um zu betonen, dass diese Verbrechen nicht nur frauenfeindlich waren, sondern auch ungestraft blieben. Im Kontext der in Lateinamerika verbreiteten Straflosigkeit schließt „Feminizid“ die Rolle des Staates mit ein. Auch in Deutschland trägt der Staat Verantwortung: Bei der Prävention von Feminiziden und bei der Rechtsprechung.

Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, zumeist der Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu ermorden. Jeden dritten Tag gelingt ein solcher Versuch – alle 72 Stunden geschieht ein Feminizid. In der Öffentlichkeit werden diese Morde aber noch immer durch Begriffe wie „Familientragödie“ oder „Eifersuchtsdrama“ verharmlost und verschleiert. Staatliche Institutionen schließen sich dem nahtlos an und verweigern sich dem juristischen Konzept „Feminizid“. Dabei sind Feminizide keine Einzelfälle von verwirrten, verbitterten oder verzweifelten Einzeltätern, sondern das tödliche Resultat patriarchaler gesellschaftlicher Strukturen. Seit vielen Jahren fordern feministische Akteurinnen deshalb die Schaffung eines Straftatbestandes des Feminizids, um frauenspezifische Tötungen konsequenter zu verfolgen und einheitlicher zu bestrafen.