Im Zuge des Bürgerkriegs in Syrien hat sich die Bevölkerung von Rojava organisiert und die Region zu einer autonomen Zone erklärt. Die demokratische Autonomie wurde zuerst in Efrîn ausgerufen. In der Selbstverwaltung sind alle Bevölkerungsgruppen vertreten, vor allem Frauen haben eine tragende Rolle eingenommen. Das selbstbestimmte Gesellschaftsmodell wird von den Hegemonialmächten als Bedrohung wahrgenommen und angegriffen.
Zu den Grundprinzipien der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES) gehört das Modell der genderparitätischen Doppelspitze in allen Gremien. Die erste Frau, die diese Rolle übernahm, war die damalige Ko-Vorsitzende des heute von der Türkei besetzten Kantons Efrîns, Hêvî Mistefa. Sie sagt, dass die Selbstverwaltung eine völlig neue Erfahrung für die Bevölkerung der Region war:
„Dass die Menschen sich mit ihrer jeweiligen Identität selbst verwalten, war ein neues System, das auf großes Interesse stieß. Als die Autonomie ausgerufen wurden, waren die ersten Reaktionen verhalten, weil niemand dieses System kannte. Es wurde jedoch viel Bildungsarbeit gemacht und damit entstand ein Bewusstsein, das zu einer gesellschaftlichen Veränderung führte. Die Bevölkerung erkannte die eigene Stärke und die Menschen hatten erstmalig die Möglichkeit, sich mit ihrer eigenen Identität als Angehörige eines Volkes oder einer Glaubensgemeinschaft auszudrücken. Mit der Zeit haben immer mehr Menschen die Autonomieverwaltung unterstützt.“
Bevor am 6. September 2018 die AANES als Verwaltungsgremium der autonomen Gebiete in Nord- und Ostsyrien ausgerufen wurde, gab es Selbstverwaltungsstrukturen in Efrîn, Kobanê und Cizîrê. Zu der damaligen Zeit sagt Hêvî Mistefa:
„Als 2014 in den drei Kantonen die Selbstverwaltung erklärt wurde, gab es einige Hindernisse. Für die kurdische Bevölkerung in Syrien war es das erste Mal, dass sie sich selbst regieren konnte. Efrîn war der erste Ort, an dem die Autonomie ausgerufen wurde. Es war auch das erste Mal, dass Frauen an der Leitung beteiligt waren. Deshalb waren viele Frauen von diesem System überzeugt und setzten sich dafür ein, dass es von der Gesellschaft akzeptiert wird. Nach zwei Jahren Arbeit wurde im Kanton Efrîn erstmalig das Modell des Ko-Vorsitzes eingeführt. Das hatte eine große Bedeutung und die Verantwortung war sehr schwer. Alle Frauen mussten wichtige Aufgaben übernehmen und waren in der Autonomieverwaltung vertreten. Es wurde jeden Tag viel gearbeitet, damit ein Bewusstsein in der Gesellschaft entsteht.“
Sie hoffe, dass Efrîn und die weiteren von der Türkei besetzten Gebiete in Syrien im nächsten Jahr befreit werden, sagt Hêvî Mistefa: „Dann kann die Bevölkerung wieder auf ihrem eigenen Land friedlich zusammenleben. Alle unsere Errungenschaften sind unter hohen Opfern erkämpft worden. Deshalb muss sich die Bevölkerung für die Autonomieverwaltung einsetzen und darf sich nicht von der Spezialkriegspolitik des türkischen Staates beeinflussen lassen.“