Campushexen bei Protest gegen Tamponsteuer festgenommen

In Istanbul sind sechs „Campushexen“ bei einer Aktion für die Abschaffung der Steuer auf Menstruationsprodukte festgenommen worden. Binden und Tampons sollten zuletzt durch eine Steuersenkung eigentlich billiger werden. Doch Hersteller erhöhen die Preise.

In der Bosporus-Metropole Istanbul sind am Donnerstag sechs Mitglieder der Initiative „Campushexen“ festgenommen worden. Die Aktivist:innen hatten sich auf der Einkaufsmeile Istanbul im zentralen Stadtteil Beyoğlu zusammengefunden, um für die Abschaffung der sogenannten Tamponsteuer zu protestieren. Die Campushexen, die sich vorwiegend an türkischen Hochschulen organisieren, fordern seit Jahren, dass Menstruationsartikel als Grundbedarf von Frauen deklariert und in die Liste der Produkte mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz aufgenommen werden.

Denn Tampons, Binden und Co fallen in der Türkei unter die Kategorie „Luxusartikel“. Noch bis vor Kurzem wurden Monatshygieneprodukte für Frauen deshalb mit 18 Prozent versteuert. Erst seit Ende März gilt der ermäßigte Steuersatz von acht Prozent. Doch von der Steuererleichterung kommt bei den Nutzer:innen kaum etwas an, da Hersteller wegen der Wirtschaftskrise die Preise erhöhen. Laut einer Befragung des Istanbuler „Netzwerks der tiefen Armut“ konnten sich zu Beginn des Jahres nur 82 von 103 Nutzenden die dringend benötigten Menstruationsartikel leisten. Nach Angaben des türkischen Statistikamts (TÜIK) sind Tampons, Binden und Einlagen innerhalb eines Jahres um mehr als 51 Prozent teurer geworden (Stand Januar 2022).

„Periode ist kein Luxus – Finger weg von unserem Blut“ lautete das Motto der Kundgebung der Campushexen deshalb. Auf dem Transparent der Aktion war zu lesen: „Nicht die Menstruation ist ekelhaft, sondern eure Sparpakete“. Die Aktivist:innen waren am Taksim-Platz gestartet, kamen aber nur bis vor das Galatasaray-Gymnasium. Dort wurde die Gruppe von der Bereitschaftspolizei eingekesselt und dann abgeführt. Bei den Betroffenen handelt es sich um Berfin K., Nevin D., Eylül D., Gizem E., Gülce K. und Ceren G. Alle Aktivist:innen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Ihnen droht allerdings ein Ermittlungsverfahren wegen einem Verstoß gegen das türkische Versammlungsgesetz.

Menstruation ein Tabuthema in der Türkei

Menstruation ist immer noch für viele ein Tabuthema in der Türkei. In der breiten Öffentlichkeit wird eher darüber geschwiegen. Selbst als Staatschef Recep Tayyip Erdoğan nach einer Kabinettssitzung am 28. März die Steuersenkung auf Hygieneprodukte ankündigte, nannte er Menstruationsartikel explizit nicht. Umso beachtlicher ist der Mut der Campushexen, die das Problem offen ansprechen und lautstark ihre Forderungen zum Ausdruck bringen. Auch in anderen Städten, in denen die Initiative organisiert ist, finden regelmäßig Aktionen gegen die Tamponsteuer statt.