Besê Erzincan aus der Koordination der Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) sprach in der Sendung Xwebûn auf Jin TV mit Arjîn Baysal über den Frauenkampf in Kurdistan und weltweit. In dem Interview rief sie zur selbstkritischen Auseinandersetzung auf und betonte, dass ein Dagegensein nicht ausreiche und es hin zur Entwicklung konkreter Alternativen kommen müsse. Es sei auch notwendig, aus dem Leben der kapitalistischen Moderne auszubrechen. Dazu sei eine Radikalisierung der weltweiten Frauenbewegung notwendig.
Wie beurteilen Sie den Kampf der Frauen in der heutigen Zeit?
Die Situation der Frau stellt aktuell die wichtigste Frage dar, denn was den Frauen angetan wird, wird auch der Gesellschaft angetan. Wenn die Probleme der Frau gelöst werden, werden sich auch in der Gesellschaft positive Entwicklungen zeigen. Das ist unsere Perspektive. Ein Blick auf die aktuelle Situation der Frau zeigt, dass das System der kapitalistischen Moderne über die Regierungen umgesetzt wird. In dieser Situation kommt den Frauen eine entscheidende Bedeutung zu. Die autoritäre Haltung gegenüber Frauen nimmt von Tag zu Tag zu. In dem Maße, in dem Macht und Profite zunehmen, verschlechtert sich die Situation der Frauen und der Gesellschaft. Heute hat sich die kapitalistische Moderne überallhin ausgebreitet. In einer solchen Situation wird die Arbeit der Frauen nicht nur auf eine, sondern auf viele Arten und Weisen missachtet.
Im 21. Jahrhundert hat vor allem der Autoritarismus zugenommen. Aber angesichts dessen ist auch der Frauenwiderstand gewachsen. Wenn wir uns nun die globale Lage der Frauen ansehen, können wir konstatieren, dass diverse Methoden gegenüber Frauen eingesetzt werden. In Europa, den USA, China und im Nahen Osten werden Frauen je nach Situation unterschiedlich behandelt, grundsätzlich wird ihre Arbeit missachtet, aber auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichen Formen.
Wenn wir zum Beispiel die Situation der Frau im Nahen Osten betrachten, sehen wir, dass sich die kurdischen Frauen auf dem Vormarsch befinden. Das hat globale Auswirkungen. Wir sehen auch, dass Frauenbewegungen in vielen Ländern – von Argentinien bis Polen – effektiv agieren, aber diese Bewegungen befassen sich mit der Situation der Frauen aus einer einzigen Perspektive heraus; sie kämpfen mit einer einzigen Forderung. Sie kämpfen zum Beispiel allein gegen Gewalt an Frauen oder für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, das heißt, sie treten nur für bestimmte Rechte ein. Es gibt zum Beispiel eine Fraueninitiative in Argentinien, die mit dem Slogan „Ni una más“ („Nicht eine mehr“) zu einer wirklich großen Bewegung geworden ist. Diese hat globale Auswirkungen insbesondere auf viele Frauen. Sie agierten auf dieser Grundlage. In Europa und den USA machten einige Künstlerinnen den Missbrauch im Kultursektor öffentlich. Die Frauen protestierten. Auch der Kampf der Frauen in Rojava hatte globale Auswirkungen.
„Das kapitalistische System versucht, die Fähigkeiten der Frauen für seine Zwecke zu nutzen“
Wenn der kapitalistisch-moderne Staat begreift, dass die Frauen bewusster werden und ihr Kampf voranschreitet, dann entwickelt er entsprechende Gegenstrategien. Es werden vielschichtige Formen von Politik und Praxis gegenüber den Frauen entwickelt. Es soll vor allem Verwirrung gestiftet werden. Denn Ideologie ist sehr wichtig. Wenn es keine Idee gibt, wenn es kein Verständnis von Freiheit gibt, verlieren die Frauen den Weg. Deshalb versucht das System, mit dieser Methode Resultate zu erzielen. Die zweite Methode ist, Frauen, die sich nicht wehren, in das System zu integrieren. Wir sehen in Europa und den USA, dass viele Frauen das Amt als Präsidentinnen oder Vizepräsidentinnen bekleiden. Das ist definitiv eine sehr gute Sache, ein Schritt nach vorne. Aber das System verfolgt hier einen Zweck. Auch Frauen studieren, sie entwickeln sich, haben Wissen. Daher sollen ihre Fähigkeiten für das System eingesetzt werden. Um sagen zu können: „Wir Frauen müssen hier nicht für die Freiheit kämpfen, wir sind bereits entwickelt“, werden Frauen in das System integriert und für die Ziele des Systems benutzt. So wird den kämpfenden Frauen die Botschaft übermittelt: „Ihr müsst nicht kämpfen, denn Frauen bekleiden die höchsten Ämter.“ Das System der kapitalistischen Moderne betreibt seine Politik auf der Grundlage dieser Methoden.
Ein anderer Punkt ist, dass das soziale Geschlecht scheinbar aufgehoben werden soll. Es wird von angeblicher Gleichberechtigung von Mann und Frau gesprochen, aber in der Praxis geschieht nichts. So soll der Geschlechterwiderspruch aufgelöst werden. Dazu gibt es bestimmte Debatten. Es kann kein Teil unseres Kampfes sein, den Geschlechterwiderspruch zu negieren. Denn ob es einem gefällt oder nicht, es gibt eine weitgehende Dualität in der Natur. Es gibt den Mann und die Frau. Der Widerspruch zwischen den Geschlechtern hat sich in den letzten 5.000 Jahren immer weiter vertieft. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass unser Kampf auf der Grundlage des Geschlechterwiderspruchs geführt wird. Deshalb müssen wir die Rechte der Frauen und ein alternatives Leben erreichen. In den Staaten gibt es viele verschiedene Strategien zu diesem Thema. Auch diese Politik wird in jeder Region über Bildung und Medien unterschiedlich umgesetzt.
„Frauen werden im Nahen Osten nur als Gebärmaschinen betrachtet“
Der Islam hat einen großen Einfluss im Nahen Osten. Man interpretiert den Islam auf seine eigene Art und Weise, um damit die Frau noch stärker versklaven zu können. Als der Islam aufkam, war er fortschrittlicher. Zum Beispiel konnten Frauen in die Moschee gehen. Aber das Patriarchat trat immer weiter in den Vordergrund und interpretierte und änderte einige Dinge seinem Gutdünken entsprechend. Die Frauen bekommen keine Bildung, haben keine sozialen Beziehungen, sie befinden sich in einem Käfig, isoliert und eingeschränkt. In Europa werden Frauen auf eine andere Weise benutzt. Die alltägliche Arbeit von Frauen ist sehr billig. Zum Beispiel wird die Arbeit von Müttern zu Hause nicht wahrgenommen, es wird so getan, als ob sie nicht arbeiten würden. Oder Frauen werden zur Prostitution gebracht, um die Gesellschaft zu zerstören. Man will die Gesellschaft über die Frau zerstören.
„Der Feminismus hat ein großes Erbe hinterlassen“
Die aktuelle Situation ist auf die etatistische Politik zurückzuführen. Aber Frauen stellen sich dem auch entgegen. Frauen haben sich in den 5.000 Jahren Patriarchat immer gewehrt. Vor allem in den letzten beiden Jahrhunderten ist der Kampf der Frauen immer stärker geworden. Denn es fanden viele Revolutionen statt, bei denen Frauen die Führung übernahmen. Wenn wir den Feminismus betrachten, sehen wir die Arbeit und den Kampf der Feministinnen. Der Feminismus hat hart darum gekämpft und daran gearbeitet, um die Frauen ihrer Situation bewusst zu machen und sie zum Aufstand zu bringen. Es mag viele Arten von Feminismus geben. Aber jeder Feminismus hat eine Rolle gespielt, um das Bewusstsein der Frauen zu schärfen. Diese Aktivitäten dauern immer noch an. Der Feminismus hat ein großes Erbe hinterlassen und den Frauenbewegungen den Weg geebnet. Wir können auch darüber diskutieren, wo es Defizite gibt, und bewerten, wie wir sie ergänzen und erweitern können. Das ist unser Ansatz. Wir diskutieren diese Fragen unter der Führung der Jineolojî. Zum Beispiel, wie können wir die Frauenbewegungen radikalisieren? Denn Radikalität ist sehr wichtig für die Frauenarbeit.
„Ein alternatives Leben aufbauen“
Natürlich reicht ein Dagegensein nicht aus, es muss eine Alternative geschaffen werden. Die Schwäche des Feminismus war, dass er einseitig war. Die Gesellschaft hat auch Defizite in Bezug auf stärkeres kollektives Arbeiten. Es ist auch notwendig, aus dem Leben der kapitalistischen Moderne auszubrechen. Daher muss es auf der einen Seite den Kampf geben, aber es ist notwendig, ein alternatives Leben aufzubauen, um das System zu verändern. In dieser Hinsicht gibt es Mängel. Die Frauen können kämpfen, aber nach dem Kampf kehren sie in ihr altes Leben zurück. Es stimmt, dass wir als Frauenbewegung antagonistisch sind, aber gleichzeitig sagen wir auch, dass wir ein alternatives Leben aufbauen müssen. In Bezug auf Beziehungen, wirtschaftliche, soziale und politische Aspekte müssen sich Frauen stärker beteiligen und mehr von ihrem Denken und ihren Ideen einbringen. Wir wollten in diese Richtung fortschreiten. Aber dafür ist auch eine stärkere Militanz notwendig. Ein Radikalismus ist notwendig. In dieser Hinsicht gibt es Mängel. Zweifellos gibt es unter ihnen auch sehr mutige Heldinnen, die meine ich nicht.
„Die Frauenbewegung ist universell geworden“
Auch die Frauen profitieren von den Fortschritten in Technik und Wissenschaft. Das hat positive und negative Aspekte. Die positiven Aspekte sind, dass die Menschen einander schnell erreichen können. Das heißt, wenn es irgendwo Gewalt gibt, kann sie nicht mehr so gut versteckt werden wie früher. Dadurch konnten die Frauen Schritte unternehmen, um sich zu organisieren. Es zeigt sich, dass die Frauen nicht nur für die Frauen, sondern auch für Demokratie, Ökologie und Gerechtigkeit kämpfen. Die Frauen sind Vorreiterinnen sowohl für ihr Geschlecht als auch für die Gesellschaft. Wir können sagen, dass die Frauenbewegung für die Frauen und für die Gesellschaft kämpft. Deshalb ist die Frauenbewegung universell geworden. In der Vergangenheit war das weniger der Fall.
Wir haben bereits festgestellt, dass das Problem überall das gleiche ist, deshalb muss auch die Lösung ähnlich sein. Heute gehen Abertausende, ja Millionen von Frauen in Argentinien, Spanien, Polen, den USA und Kurdistan auf die Straßen. Sie fordern ihre Rechte ein und üben Kritik. Ein Beispiel dafür haben wir auch in Indien gesehen. Im Allgemeinen können wir sagen, dass es einen Fortschritt gibt. Die Pandemie hatte aber auch ihre Auswirkung. Das muss analysiert werden. Wir wissen, dass das Klimagleichgewicht in der Welt gestört ist. Die Zahl der Menschen auf der Welt ist gigantisch, in Städten leben Millionen von Menschen. Die Pandemie brach aus, weil das Leben nicht gesund ist, und der Staat hat sie für sich benutzt. Während dieser Pandemie wurden alle aufgefordert, zu Hause zu bleiben und nicht rauszugehen. Manches mag aus der Not heraus geschehen sein, aber es gab auch die Möglichkeit, Impfungen und Medikamente früher zu beschaffen. Die Regierung hat Corona benutzt, diejenigen einzusperren, die Freiheit und Demokratie fordern.
„Die Ehe, das Zuhause ist ein Gefängnis für die Frau“
Auch während der Pandemie waren es die Frauen, die am meisten leiden mussten, und es waren auch die Frauen, die als erste ihre Arbeitsstelle verloren haben. Frauen hatten am meisten unter der Männergewalt zu leiden. Wir haben schon einmal darüber gesprochen, die Ehe, das Zuhause, ist im Grunde ein Käfig für die Frau. Die Tatsache, dass Männer und Frauen ständig zusammen waren, hat die Gewalt noch verstärkt. Die Gewalt gegen Frauen und Kinder nahm ebenso zu, wie die Zahl der Vergewaltigungen. In Afrika nahmen auch die Klitorisbeschneidungen zu. Denn zu dieser Zeit verschärfte sich der Geschlechterwiderspruch und die Frauen konnten das wahre Gesicht der Männer besser erkennen. Früher waren die Männer morgens losgefahren und man hat sie auch abends nur selten gesehen, aber wenn man 24 Stunden am Tag zusammen ist, lernt man sich besser kennen. Auf der anderen Seite entwickelte sich aber auch mehr Bewusstsein und Widerstand.
„Die Frauen fingen an, sich gegenseitig besser zu verstehen“
Am 25. November vergangenen Jahres haben sich Millionen von Frauen an Massenprotesten beteiligt. Das zeigt einmal mehr, dass niemand mehr die Frauen aufhalten kann. Viele Frauen wollen einen neuen Status. Sie akzeptieren die Sklaverei, den Status eines Geschlechts zweiter Klasse nicht. In den letzten 200 Jahren sind viele Philosophinnen, Forscherinnen und Akademikerinnen aufgetaucht und haben ein tiefes Bewusstsein geschaffen. Auch wurden viele Frauenorganisationen aufgebaut. Natürlich müssen sie noch aktiver werden. Die Frauen weltweit, im Nahen Osten und in Kurdistan haben ein stärkeres Verständnis füreinander entwickelt.
„Es fehlt an Organisierung und Bildung“
Sie haben eine stärkere Einheit gebildet. So können sich die Frauen im 21. Jahrhundert noch stärker organisieren. Denn es gibt einen großen Mangel in den Frauenorganisationen und -bewegungen. Es werden viele Aktionen durchgeführt, aber es fehlt an Organisierung und Bildung. Es ist notwendig, radikalere Aktionen zu entwickeln. Der Kampf der Frauen ist das Herz und der Geist der Menschheit. Je intensiver sich der Freiheitskampf der Frauen entwickelt, desto mehr schreitet die Befreiung der Menschheit voran. Die Menschheit kann nur durch den Frauenkampf befreit werden. Nur auf diese Weise kann das Leben schön werden. Frauenbewegungen spielen eine entscheidende Rolle im Kampf um Demokratie, der Ökologie, Gleichberechtigung und allen anderen Bereichen.
Wie ist der Stand des Frauenkampfes in Afghanistan?
Die Situation in Kurdistan und Afghanistan ist in mancher Hinsicht ähnlich. Die Bevölkerung ist sich ähnlich. Wir müssen die Situation in Afghanistan aus Frauensicht betrachten. Die Angriffe dort richten sich gegen die Freiheit der Frauen. Die afghanischen Frauen haben gekämpft, und ihr Kampf war wichtig und beispielhaft für Asien und den Nahen Osten. Ebenso wie die kurdischen Frauen sind auch die afghanischen Frauen heute globale Vorbilder. Die afghanischen Frauen verweigerten sich den Taliban und kritisierten die USA. Sie wollten auf eigenen Beinen stehen, ihre eigenen Organisationen schaffen. Auf diese Weise sind sie so wirksam geworden. Die USA waren unter dem Vorwand gekommen, die Frauen und Völker zu retten. Aber es stellte sich heraus, dass die USA eigentlich für ihre eigenen Interessen gekommen waren. Nachdem sie keine Interessen mehr dort hatten, überließen sie das Land den Taliban. Die afghanischen Frauen befinden sich jetzt in einer sehr schwierigen Situation.
Wenn wir uns als Frauenbewegung weltweit besser organisieren, können wir auch etwas für die afghanischen Frauen tun. Aber wir haben weltweit nur wenige Frauenorganisationen. Einige Vorreiterinnen der afghanischen Frauen haben das Land verlassen. Aber viele Frauen kämpfen immer noch in Afghanistan. Vielerorts protestieren sie und sehen dabei dem Tod ins Auge. Aus diesem Anlass möchten wir noch einmal den Kampf der afghanischen Frauen würdigen. Natürlich stehen wir an ihrer Seite. In vielen Teilen Kurdistans gab es Demonstrationen und Kundgebungen. Es mag sein, dass es noch praktische Unzulänglichkeiten gibt, aber wir wissen, dass die Beziehungen zwischen afghanischen und kurdischen Frauen sehr stark sind.
Wir wissen, dass sie sich in der Zeit des Kampfes um Kobanê und Efrîn an Rojava ein Beispiel nahmen. Aber der Unterschied zu Rojava ist, dass es dort eine organisierte und revolutionäre Bewegung gibt. Die Menschen sind sowohl gesellschaftlich als auch in der Selbstverteidigung organisiert. Das fehlte in Afghanistan. Es gab zum Beispiel Frauenorganisationen in Afghanistan, aber sie handelten nach US-Vorbild. Deshalb waren die Fraueneinrichtungen, als die USA abzogen, nicht gut organisiert.
Als sich die US-Armee zurückzog, konnte die afghanische Armee nicht einen Tag lang Widerstand leisten. Denn sie war keine Volksarmee und arbeitete nur für Geld. Mit Geld kann man keine Armee betreiben. In Rojava haben sich Überzeugung, Ideologie und das Denken entwickelt. Deshalb zeigt sich da auch der Unterschied. Wir sind davon überzeugt, dass auch die afghanischen Frauen ihren Widerstand verstärken werden, und wir werden mit ihnen gemeinsam Widerstand leisten.
Wie ist die Situation des Frauenkampfes in Kurdistan?
Die Revolution in Rojava ist für Frauenbewegungen in der ganzen Welt sehr wichtig. Viele von ihnen wurden durch diese Revolution inspiriert. Es war nicht nur eine Revolution, in der die Frauen ihre Rechte erkämpften. Die Rojava-Revolution zielt auf einen vollständigen und radikalen Wandel ab. Das hat es bisher bei keiner anderen Revolution gegeben. Es wird versucht, in jedem Bereich das Leben mit einer neuen Perspektive aufzubauen. Diese Situation hat sich auf der Grundlage der Ideen von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] entwickelt und über die Welt verbreitet. Die Ideen des Apoismus wurden globalisiert. Die Frauen der Welt lernten die kurdischen Frauen durch die YPJ und YJA Star kennen. Sie lernten das System der Ko-Vorsitzenden in Nordkurdistan kennen.
„Eine Frau kann alles tun, wenn sie die Mittel und die Möglichkeiten hat“
Die Frauenbewegung hat einen großen ideologischen und militärischen Einfluss. Die kurdischen Frauen haben große Fortschritte gemacht. Die Ideen von Rêber Apo verbreiten sich in ganz Kurdistan. Auch in Südkurdistan haben die apoistischen Ideen und die Philosophie dahinter eine große Wirkung auf Frauen. Es gibt eine große Zuneigung und Verbundenheit gegenüber Rêber Apo. Auch kann man sagen, dass arabische, türkische, persische, armenische, assyrische, suryoye, turkmenische, yarsani, alevitische, schiitische und ezidische Frauen vielerorts von dem Denken Rêber Apos beeinflusst sind. Unser Kampf hat alle patriarchalen Lügen zunichte gemacht. Denn wir haben deutlich gemacht, dass eine Frau alles tun kann, wenn sie die Mittel und Möglichkeiten hat. Frauen können sogar einige Dinge besser als Männer.
In der Revolution in Kurdistan haben die kurdischen Frauen bewiesen, dass eine Frau alles tun und Erfolg haben kann. In ihren vorherigen Leben wurden die Frauen meist von der Verteidigung ferngehalten. Es entstand die Idee, dass nur ein Mann eine Frau beschützen könne. In der Praxis haben wir jedoch das Gegenteil erlebt. In allen Teilen Kurdistans lehnt die Mehrheit der Frauen die Besatzung radikal ab. So wie wir Massenaktionen der Frauen weltweit Auswirkungen auf uns haben, wirkt sich auch unsere Arbeit bei Frauen auf der ganzen Welt aus. Natürlich sind die kurdischen Frauen in dieser Hinsicht führend. Da wir eine Alternative haben, arbeiten wir an ihr. Wir sind nicht allein gegen etwas, wir kämpfen für diese Alternative. Das schönste Beispiel dafür ist Rojava. Deshalb nennen wir die Revolution von Rojava eine Frauenrevolution. Das ist nicht nur eine Parole, sondern hat eine Basis in der Realität. Wir haben auch viele Unzulänglichkeiten und Schwächen. Unsere Bewegung hätte bessere Beziehungen aufbauen und ihre Ideologie weiter verbreiten können, aber in dieser Hinsicht haben wir versagt.
„Für die Frauenbewegungen ist ideologische Klarheit besonders wichtig“
Auf welchem Niveau befinden sich die Beziehungen der kurdischen Frauenbewegungen zu Frauenbewegungen weltweit?
Besonders nach der Revolution in Rojava haben die kurdischen Frauen auf allen Ebenen hart gearbeitet. Vor allem im Bereich der Organisierung und der Diplomatie ... In allen Regionen gibt es Frauenorganisationen. Sie arbeiten am Aufbau von Kommunen und Räten. Sie arbeiten auch im Bereich der Frauendiplomatie. Wir haben vielfältige Beziehungen und messen ihnen große Bedeutung bei. Insbesondere bemühen wir uns um die Einheit der kurdischen Frauen, der Frauen im Nahen Osten und darum, dass die Frauen der Welt zusammenkommen und gemeinsam kämpfen. Wir bauen auch Beziehungen auf, um unsere Erfahrungen auszutauschen. Es ist auch sehr wichtig für uns, von den Erfahrungen der Frauen auf der ganzen Welt zu lernen. Ideologische Klarheit ist für Frauenbewegungen sehr wichtig. Das ist derzeit weltweit ihr größtes Problem. Es gibt eine große Verwirrung, insbesondere in Bezug auf Ideologie, es mangelt an Veränderung und Entwicklung und daraus entstehen Probleme. Unsere Bewegung zum Beispiel hat mit den Verteidigungsschriften von Rêber Apo ein umfassendes Paradigma für Demokratie, Ökologie und Frauenbefreiung geschaffen. Sie hat auch ein alternatives System wie den demokratischen Konföderalismus entwickelt.
Einheit im Kampf ist unabdingbar. Dafür ist Bildung die Vorbedingung. Wir brauchen Kaderinnen, die voller Opferbereitschaft für die Befreiung der Frauen arbeiten. Das ist weltweit von Nöten. Es geht dabei aber nicht darum, das Leben „normal“ zu führen und manchmal an Aktionen teilzunehmen. Natürlich gibt es auch viele Frauen, die sehr radikal arbeiten, sie wollen, dass sich etwas ändert. Wir haben eine sehr umfassende Ideologie. Wenn wir nach dieser Ideologie leben, kann eine Frau überall ihre Rolle übernehmen. Das hat sich bewährt. Kurdische Frauen sind heute die Avantgarde, sie spielen in vielen Bereichen eine führende Rolle, vor allem in der Politik, sie sind Ansprechpartnerinnen und sie sind bewusst. Wir wollen eine Frauenunion gründen, um die Frauenbewegungen weltweit zu stärken. Es gibt viele Dinge, die wir entwickeln wollen.
Die Beteiligung der arabischen Frauen in Rojava ist ebenfalls sehr groß. Wir arbeiten auch mit vielen unserer türkischen Freundinnen zusammen und es sind persische Frauen bei uns. Wenn wir unsere Einheit auf der Grundlage der Freiheit der Frauen aufbauen, werden wir unseren Kampf gegen die patriarchalen Staaten weiter stärken. Wenn wir uns gut organisieren, wenn wir kämpfen, werden wir eine Gesellschaft schaffen, in der wir ein besseres, echteres Leben und eine wahre Liebe aufbauen können, eine Gesellschaft, welche die Rechte aller Menschen, aller Identitäten, aller Kinder und Jugendlichen einschließt. Dafür ist notwendig, die Einheit der Frauen zu entwickeln.