Armenische Frauenunion erinnert an Anush Apetyan

Die Frauenunion des armenischen Gesellschaftsrates in Nord- und Ostsyrien hat an Anush Apetyan erinnert. Die armenische Soldatin war vor einem Jahr von aserbaidschanischen Militärs gefangen genommen, vergewaltigt, gefoltert und getötet worden.

Während dieser Tage alle Welt wieder die Augen verschließt vor dem, was im armenischen Bergkarabach (Rebuplik Arzach) geschieht, erinnerte die Frauenunion des Gesellschaftsrates der Armenierinnen und Armenier in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (AANES) an ein anderes Kriegsverbrechen Aserbaidschans an der armenischen Bevölkerung, das weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit vollzogen wurde und bis heute ohne Konsequenzen blieb: Die Ermordung von Anush Apetyan.

Die armenische Soldatin Anush Apetyan wurde im September 2022 während einer Phase des Waffenstillstandes bei Dschermuk in der südarmenischen Provinz Wajoz Dsor von aserbaidschanischen Militärs gefangen genommen, vergewaltigt, gefoltert und getötet. Ihre Peiniger verstümmelten ihren Leichnam, steckten ihr zwei abgetrennte Finger in den Mund und stachen ihr die Augen aus, die sie mit Steinen ersetzten. Auch wurden Apetyan die Arme und Beine abgeschnitten. Auf ihre Brust schrieben ihre Mörder Hassbotschaften gegen das armenische Volk. Dabei filmten sie den Gewaltakt minutiös und verbreiteten das Video über die Messaging-App Telegram.

Anush Apetyan war 36 Jahre alt und hinterließ drei Kinder im Alter von 16, 15 und vier Jahren, als sie „auf barbarische Weise“ ermordet wurde, erklärte Losnak Kafuryan, Vorsitzende des armenischen Frauenkomitees in der AANES. „Wir verurteilen dieses bestialische Verbrechen an einer armenischen Frau auf das Schärfste. Es ist sehr schmerzhaft, was Anush Apetyan widerfahren ist.“ Denn schlagartig habe es das nationale Trauma von 1915 wachgerufen, als 1,5 Armenierinnen und Armenier sowie Angehörige anderer christlicher Völker Opfer eines jungtürkischen Genozids wurden. Das Schicksal von Anush Apetyan spielte sich damals tausendfach ab.

Doch auch jetzt müssten Armenierinnen und Armenier sich vor genozidär motivierten Verbrechen fürchten, betonte Kafuryan. Die humanitäre Lage in Bergkarabach ist bedingt durch eine über Monate von Aserbaidschan aufrechterhaltene und international tolerierte Blockade des Latschin-Korridors – die einzige Straßenverbindung zwischen Bergkarabach und Armenien – ohnehin katastrophal; Lebensmittel, Medikamente und Benzin sind knapp. Am vergangenen Dienstag dann startete das autoritär geführte Aserbaidschan einen als „Antiterroroperation“ bezeichneten Krieg zur Besetzung der Region. Nur einen Tag später musste die unterlegene Kaukasusrepublik kapitulieren.

Während der Angriffe starben armenischen Angaben zufolge mehr als 200 Menschen, mehr als 400 weitere wurden verletzt. Die Zehntausenden armenischen Zivilpersonen fürchten nun, vertrieben oder von den neuen aserbaidschanischen Machthabern unterdrückt zu werden. Tausende Menschen sind bereits in Armeniern eingetroffen. „Die Geschichte scheint sich zu wiederholen“, sagte Losnak Kafuryan. „Und die ganze Welt schweigt erneut.“