Ankündigung: Gender Studies trifft auf Jineolojî

Die im Kontext der kurdischen Frauenfreiheitsbewegung entwickelte Frauenwissenschaft der Jineolojî trifft auf einer Fachkonferenz auf die Forschung der Gender Studies.

Der Verband der Akademiker*innen aus Kurdistan (Kurd-Akad) organisiert eine Fachkonferenz zum Thema: „Gender Studies trifft Jineolojî – Wie viel Gesellschaftskritik braucht eine feministische Wissenschaft?“ Die Tagung wird am 30. Oktober 2020 in Form einer Zoomkonferenz stattfinden und in Kooperation mit dem Mari Jahoda Center for International Gender Studies, der Ruhr-Universität Bochum und der Hochschule Emden/Leer organisiert.

Die kurdische Frauenfreiheitsbewegung hat auf der Grundlage des Paradigmas von Abdullah Öcalan, der das Patriarchat als gesellschaftlichen Hauptwiderspruch beschreibt, einen eigenständigen Ansatz von Gesellschaftsanalyse, die Jineolojî, entwickelt. Jenseits theoretischer Diskurse organisiert die kurdische Frauenfreiheitsbewegung aber auch die Verwirklichung ihrer Konzepte einer demokratischen, geschlechterbefreiten und ökologischen Gesellschaft. Die Jineolojî entstand aus dem Verständnis, dass Gesellschaftsveränderung Bildung und neue Wissensformen zur Grundlage braucht. Zur Praxis der Jineolojî gehört die Untersuchung und das Lernen aus den Erfahrungen mit bestehenden feministischen Theorien und von Frauenbewegungen von der Frühgeschichte bis in die Gegenwart. Das Jineolojî-Komitee-Europa beschreibt Jineolojî als eine Idee, „über den Feminismus hinauszugehen, den Feminismus zu übertreffen und gleichzeitig zum Feminismus beizutragen“. Dabei wird eine kritische Auseinandersetzung mit dem positivistischen Begriff der Wissenschaftlichkeit ebenso betrieben, wie ein Zusammenhang mit der kapitalistischen Moderne und ihren Zerstörungen hergestellt. Der theoretische Diskurs ist hier immer an einen praktischen Ausdruck in konkreten gesellschaftlichen Projekten, wie der Revolution von Rojava mit ihrem demokratischen Aufbauprojekt angebunden. Auf der Tagung soll Jineolojî im Kontext der Gender Studies diskutiert werden. Dazu sind Exper*innen beider Ansätze von Wissenschaft ‒ Jineolojî und Gender Studies ‒ eingeladen, die eine rege Diskussion um die Angemessenheit und Intentionen vielfältiger Zugänge zur geschlechterkritischen Gesellschaftsanalyse anregen werden.

Die Veranstaltung ist in mehrere Panels aufgeteilt. Diese sind wie folgt:

I. Was ist Jineolojî? Was machen Gender Studies?

Einführung in die Ansätze und deren Gegenstandsbereiche

Dr. Dilar Dirik, Soziologin, Universität Oxford

Jineolojî: von einem Begriff zur Theorie

Dr. Christine Löw, Politikwissenschaftlerin, Universität Frankfurt a.M.

Gender Studies: Von Frauen*bewegungen, dem Verhältnis zwischen Praxis-Theorie und feministischer Kritik an gesellschaftlichen Ungleichheiten

Impulsreferat: Servîn Nûdem, Jineolojî Akademie Qamislo, Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien

Gender Studies und Jineolojî: eine Begegnung unterschiedlicher Ansätze

Moderation: Münevver Azizoglu-Bazan, Sozialwissenschaftlerin, Universität Bremen


II. Genderfragen im politischen Kontext

Verbindungen zum Ziel der radikalen Veränderung der Gesellschaft

Havin Güneser, Internationale Initiative Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan

Rojava/Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien – gelebte Jineolojî

Dr. Muriel Athenas, Historikerin, Ruhr-Universität Bochum

Feminismus – Kritik und Herausforderungen

Moderation: Dr. Mechthild Exo, Friedens- und Konfliktforscherin, Hochschule Emden/Leer


Abschlusskommentar: Dr. Marlene Schäfers, Politische Anthropologie, Universität Gent


Teilnahmemodalitäten

Es wird um Anmeldung bis zum 25.10.20 an [email protected] gebeten. Der Zoom-Link wird nach Ende der Anmeldefrist per Email zugeschickt.