Zwanzig Jugendliche in Izmir festgenommen

Weil sie mit einer öffentlichen Bilderausstellung gegen die „unvorstellbare Entrechtung“ der Gesellschaft unter dem Erdogan-Regime protestiert haben, sind zwanzig Aktivist:innen sozialistischer Jugendorganisationen in Izmir festgenommen worden.

In der westtürkischen Küstenprovinz Izmir sind am Montag mindestens 20 Jugendliche gewaltsam festgenommen worden. Die Betroffenen, bei denen es sich im Aktivist:innen sozialistischer Jugendorganisationen handelt, wollten im Anschluss an eine öffentliche Bilderausstellung vor einem Kulturzentrum in Alsancak durch den Stadtteil marschieren, um auf die „unvorstellbare Entrechtung“ der Gesellschaft in der Türkei unter dem Regime von Recep Tayyip Erdogan aufmerksam zu machen. Die Anti-Aufruhr-Polizei nahm die Jugendlichen in einen Kessel, um den Aufmarsch zu verhindern. Weil sich die Gruppe nicht auflöste, griffen die Beamten gewaltsam ein.

„Alle Freiheiten sind außer Kraft gesetzt. Es gibt keine Gewaltenteilung mehr, die Pressefreiheit ist hinter Gittern und die seit Jahren rollende Säuberungswelle gegen Andersdenkende nimmt immer größere Dimensionen an“, hieß es in einer Ansprache aus der Kundgebung. Auf den Plakaten der Ausstellung waren Szenen von Polizeigewalt, Bilder von Opfern des Grubenunglücks in Bartın bei Amasra sowie Gefallene der kurdischen Guerilla durch türkische Chemiewaffenangriffe, das Konterfei von Şebnem Korur Fincancı - Vorsitzende der türkischen Ärztekammer und Vorstandsmitglied der Menschenrechtsstiftung der Türkei, die unlängst wegen ihrer Forderung, den Einsatz von geächteten Kampfstoffen durch die türkische Armee zu untersuchen, verhaftet worden war – und die Konterfeis mehrerer Journalist:innen pro-kurdischer Medien zu sehen, die vor wenigen Tagen unter Terrorvorwürfen inhaftiert wurden.

Fotos: Mezopotamya Ajansı (MA)

„Die verhafteten Medienschaffenden sind nicht allein; Şebnem Korur Fincancı ist unsere Würde; Chemiewaffen sind grausam und menschenverachtend - Wer sie einsetzt, begeht ein Verbrechen; Bartın war kein Unfall sondern ein Massaker; Bijî Berxwedana Ciwanan (Kurdisch für „Es lebe der Widerstand der Jugend“) riefen die Aktivist:innen immer wieder laut und kämpferisch mit Blick auf die Polizei. Die Beamten stürmten daraufhin in die Menge und griffen einzelne Jugendliche heraus. Einige der Aktivist:innen wurden auf den Boden geschleudert und über den Asphalt geschleift. Anschließend wurden die Festgenommenen zur obligatorischen Gesundheitskontrolle in ein staatliches Krankenhaus gebracht. Nach der Untersuchung soll ihre Überführung in Polizeihaft erfolgen. Die Behörde machte bisher keine Angaben darüber, was sie den Jugendlichen vorwirft.