YXK verurteilt Luftangriff auf Mexmûr

Der kurdische Studierendenverband YXK verurteilt den Luftangriff auf Camp Mexmûr in Südkurdistan mit drei toten Zivilistinnen und bezeichnet die Fortsetzung von Krieg und Machtpolitik während der Corona-Pandemie als Schande.

Der Verband der Studierenden aus Kurdistan (Yekîtiya Xwendekarên Kurdistan, YXK) hat eine Erklärung zum Drohnenangriff der türkischen Armee auf das Geflüchteten-Camp Mexmûr in Südkurdistan abgegeben. Bei dem Luftangriff am vergangenen Mittwoch starben drei Zivilistinnen, die ihre Schafe weideten. Im Folgenden geben wir die Stellungnahme ungekürzt wieder:

Am Mittwoch, den 15. April 2020, haben türkische Drohnen drei Frauen aus dem selbstverwalteten Flüchtlingslager Mexmûr im Nordirak ermordet, die auf einer Weidefläche ihre Schafe hüteten. Das Flüchtlingslager wurde 1998 durch kurdische Flüchtlinge gegründet, nachdem sie vor den Massakern und Dorfzerstörungen durch die türkische Armee in den 1990ern flüchten mussten.

Die Menschen in dem Flüchtlingslager bauten eine allumfassende Selbstverwaltung auf. Ihr Leben organisieren die ungefähr 12.000 Menschen entsprechend den Prinzipien des Demokratischen Konföderalismus basisdemokratisch, feministisch und ökologisch. Seit der Gründung treten die Menschen von Mexmûr für ihre kurdische Identität und menschliche Würde ein. Mexmûr ist daher kein gewöhnliches Lager, sondern ein Ort, in dem die Kultur und Geschichte aller Kurdinnen und Kurden verteidigt und weitergeführt wird. Selbst gegen die Angriffe durch den Islamischen Staat verteidigten sie sich erfolgreich. Es ist die Pflicht aller kurdischen Parteien Mexmûr zu verteidigen, denn Mexmûr setzt sich ununterbrochen für uns alle ein.

Doch seit neun Monaten beobachten wir, wie die KDP ein Embargo gegen Mexmûr aufzwingt. Auf Grund des Embargos leben die Einwohner des Lagers unter schwierigen und höchst prekären Umständen. Selbst die Corona-Pandemie scheint für die KDP kein Anlass zu sein, das Embargo aufzuheben oder zu lockern. Anstatt die Interessen und die Gesundheit der kurdischen Bevölkerung von Mexmûr und im ganzen Nordirak zu priorisieren, ist die KDP damit beschäftigt, sich der türkischen Regierung anzubiedern. Für die KDP sind die großosmanischen Träume der AKP/MHP wichtiger als die Aufrechterhaltung der kurdischen Kultur und der Schutz der mesopotamischen Natur. Daher erlaubt die KDP, dass die türkische Armee Südkurdistan besetzt. Daher schweigt sie, wenn Kurd*innen durch den türkischen Staat ermordet werden. Auf Grund von Machtinteressen und geopolitischen Kalkülen, verteidigt sie nicht mal ihre eigenen Peşmerga-Kämpfer*innen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die KDP auch die Ermordung von dem Peşmerga Said Habib Sirani durch einen türkischen Luftangriff am 27. Januar 2020 schweigend hinnahm. Wir gehen davon aus, dass sie als Leitung der Autonomie Region Kurdistan den Drohnenangriff auf Mexmûr erlaubte und jetzt dazu schweigt.

Eine Partei, die den Namen Kurdistans in sich trägt, muss sich auch entsprechend verhalten und protestieren, wenn irgendwo ein Kurde oder eine Kurdin ermordet wird, egal ob in Mexmûr, in Rojava, in Bakur, in Başur, in Rojhilat oder in Europa. Eine Partei, die den Namen Demokratie in sich trägt, muss auch die Interessen der Bevölkerung einhalten. Und die Interessen der Kurd*innen sind ganz klar: Alle Besatzer sollen raus aus Kurdistan. Stattdessen führt die KDP zusammen mit der türkischen Armee synchrone Truppenbewegungen in Südkurdistan durch. Dabei agiert sie militärisch in einem Gebiet, dass unter der Leitung der YNK steht und beschwört einen innerkurdischen Konflikt. Aus unserer Geschichte wissen wir, dass innerkurdische Konflikte den Kurd*innen nie gedient haben. Nur die Feinde der Kurd*innen, wie das faschistische AKP/MHP-Regime, werden stärker durch den Streit zwischen den Kurd*innen. Wir werden seit Jahrhunderten und Jahrtausenden von Großmächten, Diktatoren und Nationalstaaten benutzt, gespalten, unterdrückt und erniedrigt. Und heute lässt sich die KDP durch den türkischen Staat ausnutzen und instrumentalisieren, will sich mit anderen kurdischen Parteien streiten und erniedrigt sich dadurch selbst. Auch von dem tausende Kilometer entfernten Deutschland, lässt sich die KDP ausnutzen, indem sie die Peşmerga-Einheiten von der Bundeswehr ausbilden lässt. Statt auf die Fähigkeit der Kurden und Kurdinnen zur Selbstverteidigung zu vertrauen, vertraut sie ausländischen Mächten, die den Mittleren Osten nicht kennen und bisher nur Unheil in die Region brachten. Dadurch wird die Peşmerga und die KDP zum Spielball von ausländischen Mächten, wie auch Deutschland.

Dank Rêber APOs Anstrengungen und Philosophie haben wir Kurdinnen und Kurden heute eine bisher nie erreichte Möglichkeit, ein freies Kurdistan zu schaffen. Alle kurdischen Parteien und Organisationen sind bereit miteinander zu sprechen und sich für eine kurdische Einheit einzusetzen. Nur die KDP-Leitung weigert sich, weil sie Abkommen und Verträge eingegangen ist, die ihr Geld und Macht versprechen. Sie unterstützt die türkischen Besatzungspläne, weil sie den Glauben an ein freies Kurdistan verloren hat und sich nun eine Anstellung in den geplanten türkischen Besatzungszonen erhofft. Selbst die KDP-Anhänger sind nicht einverstanden, wie die KDP die Kurden verrät und ihr Leben gefährdet. Trotz all der politischen Differenzen und Vielfalt wissen wir, dass alle Kurdinnen und Kurden an ein freies Kurdistan glauben. Die KDP hat schon viele Fehler begangen, aber diesen Fehler sollte sie nicht begehen und in die Geschichte Kurdistans endgültig als Verräter eingehen, sondern sich an dem Geist und Glauben der Jugend an ein freies Kurdistan orientieren. Jede kurdische Partei muss an der Seite des kurdischen Volkes stehen. Es wäre schade, es wäre erbärmlich. Nichts sollte für eine kurdische Partei in diesen Zeiten wichtiger sein als die kurdische Einheit und das friedliche Zusammenleben der Völker im Mittleren Osten.

Als kurdische Jugend in der Diaspora und Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK) verurteilen wir die Spalterei der KDP, die kriegerischen Akte und Besatzungspläne des türkischen Staates und im Speziellen die Angriffe und das Embargo gegen Mexmûr. Es ist eine Schande, dass während der Corona-Pandemie Krieg und Machtpolitik weitergeführt werden. Wir glauben trotz alledem an ein freies und geeintes Kurdistan und werden dafür kämpfen. Wir rufen zu Protesten mit kreativen Methoden unter Einhaltung gesundheitlicher Maßnahmen auf. Wir fordern: Alle Besatzer raus aus Kurdistan! Alle Kurden zusammen gegen den Faschismus! Für Frieden, für Leben, für Freiheit!