Wuppertal: Offener Brief an DITIB-Unterstützer:innen

Das Wuppertaler Bündnis „Gathe für alle“ fordert aus aktuellem Anlass die Lokalpolitik auf, die Unterstützung für den türkisch-islamischen Dachverband DITIB bei der nächsten Ratssitzung zurückziehen.

Das Bündnis „Gathe für alle!“ kämpft seit geraumer Zeit engagiert gegen den geplanten Bau einer der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstellten Moschee in Wuppertal und hat sich aus aktuellem Anlass mit einem offenen Brief an die DITIB-Unterstützer:innen aus der Lokalpolitik gewandt. Angesprochen werden mit dem Brief die Wuppertaler Grünen, CDU, SPD und FDP.

„Bundesweit ist erneut eine Diskussion über die DITIB-Moscheen und die türkische Religionsbehörde Diyanet entbrannt. Nur in Wuppertal steht die Lokalpolitik nach wie vor treu zur Wuppertaler DITIB und ihren Moschee-Bauplänen. Die Wuppertaler DITIB sei so anders, so unabhängig und hätte mit Erdoğans System und der Diyanet eigentlich nichts zu tun“, heißt es in dem Brief.

„Machen wir uns nichts vor“, fordert das Bündnis: Über siebzig Prozent der Stimmberechtigten im Bereich des Konsulatsbezirks Düsseldorf haben bei den Parlamentswahlen in der Türkei im vergangenen Mai „Erdoğan und seine Koalition aus islamistischer AKP und faschistischer MHP gewählt. Erdoğans antikurdische, antiarmenische, antifeministische und menschenrechtsfeindliche Politik hat leider auch in Wuppertal eine satte Mehrheit, die sich natürlich auch in den Moschee-Gemeinden abbildet. Daher war es und ist es naiv, den (Wuppertaler) DITIB-Funktionären, die zum Teil Funktionäre auf NRW-Ebene waren und sind, alles zu glauben“.

Unsere Forderungen haben eine traurige Aktualität bekommen“

Die Forderung des Bündnisses „Gathe für alle“ nach effektiver Bekämpfung von islamistischen und faschistischen Strukturen habe jetzt eine traurige Aktualität bekommen, so der Brief weiter: „Am 7. Oktober 2023 überfällt die islamistische Hamas Israel. Die Mörder schlachten 1.400 Menschen ab. Sie ermorden Israelis aus den Kibbuzzim und den umliegenden Dörfern, Gäste eines Rave-Festivals, nepalesische und thailändische Arbeiter:innen, Beduinen und andere palästinensische Israelis. Über 200 Menschen, darunter Kleinkinder und Hochbetagte, werden als Geiseln in den Gaza-Streifen verschleppt.

In die weltweite Trauer um die tausenden zivilen Opfer der israelischen Luftangriffe in Gaza mischt sich rasend schnell offener Antisemitismus und offene Solidarität mit den islamistischen Mördern der Hamas. Seit der Eskalation des Konfliktes im Nahen Osten tritt der Antisemitismus immer offener zu Tage und die Bedrohung für jüdisches Leben in Deutschland wächst. Gleichzeitig nutzen manche Medien und Politiker die Situation, um antimuslimische Ressentiments zu schüren, und stellen Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft oder Religion unter Generalverdacht. Bei den offiziellen Vertretern des Bündnispartners Türkei hingegen ist der Verdacht des Antisemitismus durch zahlreiche Äußerungen hinreichend belegt. Erdoğan solidarisiert sich offen mit der Hamas: ,Hamas ist keine Terrororganisation, sondern eine Befreiungs- und Mudschaheddin-Gruppe, die für den Schutz ihres Landes und ihrer Bürger kämpft.'

Den antisemitischen Vogel schießt Ali Erbaş ab, die religiöse Autorität der deutschen DITIB und der Dienstherr ihrer Imame: Israel, so Erbaş in einem Freitagsgebet kurz nach dem Hamas-Massaker, sei ,wie ein rostiger Dolch, der im Herzen der islamischen Geographie' stecke. In einer Online-Konferenz mit 200 Imamen aus 92 Ländern am 30. Oktober 2023 hetzte er weiter: ,Jerusalem gehört den Muslimen. Palästina und Gaza sind Heimatländer der Muslime und werden es bis zum Weltuntergang bleiben! Das zionistische Israel begeht in Gaza einen Völkermord mit seinen Angriffen, die auf einem schmutzigen und perversen Glauben basieren.' Am 13. November 2023 in Antalya setzte er noch einen drauf: ,Hinter dem jüdischen Zionismus, der die ganze Welt in die Katastrophe stürzt, stehen Evangelikale, also der christliche Zionismus. Deshalb bedeutet ihnen die brutale Ermordung der unschuldigen Kinder im Gazastreifen nichts.'

Und was sagt die DITIB zu diesen Äußerungen ihres geistigen Oberhauptes? Nichts! Auch die Wuppertaler DITIB-Funktionäre schweigen einmal mehr. Stattdessen reisen Funktionäre der DITIB-Regionalverbände aus NRW, darunter auch ein wohlbekannter Wuppertaler Funktionär, vom 31. Oktober bis zum 5. November 2023 zu einem Diyanet-Seminar nach Antalya und treffen dort ohne Bedenken Spitzenfunktionäre der Religionsbehörde wie Ramazan Ilikkan, der die Auslandsabteilung der Diyanet leitet. Dass die reisenden DITIB-Funktionäre aus NRW öffentliche Kritik an Ali Erbaş' antisemitischen Hasstiraden geübt haben, ist nicht bekannt geworden.“

Forderungen an die Wuppertaler Lokalpolitik

Das Bündnis „Gathe für alle“ fordert die Wuppertaler Lokalpolitik auf, die Unterstützung für DITIB bei der nächsten Ratssitzung zurückziehen. Zur weiteren Debatte lädt das Bündnis für Anfang Dezember die Öffentlichkeit zu einem Hearing mit auswärtige Expert:innen nach Wuppertal ein. Das Thema des Hearings lautet: „Brauchen wir eine Brandmauer auch gegen Islamisten und Antisemiten? Wie weit geht der Einfluss von Erdoğans Moscheeverbänden?“

Parallel dazu startet das Bündnis ein neues Bürgerbegehren gegen den Verkauf von städtischen Grundstücken an DITIB und andere unter dem Einfluss der türkischen Religionsbehörde Diyanet stehende Moscheevereine. „Gathe für alle“ ruft außerdem zur Beteiligung an Demonstrationen in Wuppertal und Berlin gegen den für Freitag angekündigten Erdoğan-Besuch in Deutschland auf.