Wird die Bundesregierung deutsche IS-Mitglieder zurückholen?

Nach der Festnahme des deutschen Lucas Glaß befinden sich nun 36 deutsche IS-Mitglieder in den Händen der YPG. Die Frage, ob Deutschland diese aus Syrien zurückholen wird, bleibt offen.

Am Mittwoch verlautbarte das Pressezentrum der YPG, dass in Deir ez-Zor erneut ausländische IS-Mitglieder festgenommen werden konnten. Die festgesetzten Islamisten stammen aus Usbekistan, Tadschikistan, der Ukraine, Russland, den USA und aus Deutschland.

In den deutschen Medien fand die neuerliche Festnahme eines deutschen Islamisten durch die Einheiten der YPG einen gewissen Widerhall. Die Bundesregierung tut sich allerdings beim Umgang mit ihren Staatsbürgern in den Reihen des IS äußerst schwer. Obwohl die YPG deutlich gemacht haben, dass sie die ausländischen IS-Kämpfer in ihre Herkunftsländer ausweisen möchten, zögert die Bundesregierung bislang. Deutschland fürchtet wohl, dass eine Rückholaktion der eigenen Staatsbürger gleichbedeutend mit der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyrien bedeuteten würde. Das will das Auswärtige Amt aber unbedingt vermeiden. Deswegen, so die offizielle Stellungnahme, werde an einem Konzept hierfür gearbeitet.

Andere Länder scheinen ein solches Problem nicht zu haben. Mit der Regierung aus Kasachstan schloss die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyrien zuletzt ein Abkommen über die Rückführung von IS-Mitgliedern aus Kasachstan, die von den YPG festgenommen wurden.

Der aktuelle Fall des IS-Mitglieds Lucas Glaß und die Misere der Bundesregierung

Das jüngst festgenommene IS-Mitglied Lucas Glaß stammt aus Dortmund und baute dort erstmals im Jahr 2013 Verbindung zur salafistischen Szene auf. Im Jahr 2014 reiste er über die Türkei nach Syrien und schloss sich dem IS an. Er nahm dann den Kampfnamen „ Abu Ibrahim al-Almani" an. Gegen Glaß wurden von der Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe im Jahr 2016 Ermittlungen wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland" eingeleitet. Seit dem 6. Januar befindet sich der deutsche Islamist im Gewahrsam der YPG.

Wie nun Glaß und weitere deutsche IS-Mitglieder zurück nach Deutschland geschaffen werden sollen, ist ungeklärt. Eine Möglichkeit, die wohl im Raum steht, ist die Überführung der festgenommenen Islamisten nach Südkurdistan/Nordirak. Von dort könnten sie dann nach Deutschland ausgeflogen werden, ohne dass die Bundesregierung offizielle diplomatische Beziehungen zu der nordsyrischen Autonomiebehörde aufnehmen muss. Die Überführung in das Nachbarland Irak soll im Idealfall das Rote Kreuz oder Vertreter*innen der südkurdischen Autonomieregion übernehmen. Wie realistisch diese Option ist, bleibt allerdings ebenso ungeklärt.

Insgesamt befinden sich derzeit rund 2.700 IS-Mitglieder in den Gefängnissen Rojavas. Darunter sind rund 800 ausländische Islamisten, die aus insgesamt 46 verschiedenen Staaten stammen. Die Verwaltung von Nord- und Ostsyrien fordert bereits seit Längerem, dass die Herkunftsstaaten ihre Staatsangehörigen unter den IS-Mitglieder zurückholen und ihnen in ihrem Heimatland den Prozess machen.