Weltfriedenstag: Frieden statt Krieg, Freiheit statt Isolation

In Amed, Wan und Istanbul haben Aktivitäten zum Weltfriedenstag 1. September stattgefunden. „Das Problem, das zu Krieg führt, hat einen Namen und einen Ansprechpartner. Die Adresse für eine Lösung und Frieden lautet Imrali“, so der Tenor.

Aus Anlass des Weltfriedenstags am 1. September haben Aktionen in Amed (türk. Diyarbakir), Wan und Istanbul stattgefunden, auf denen gegen die Kriegspolitik der AKP/MHP-Regierung protestiert und Abdullah Öcalan als Schlüsselfigur für eine Lösung der kurdischen Frage und Frieden im Mittleren Osten bezeichnet wurde.

Amed

Die Arbeits- und Demokratieplattform Amed hat eine Erklärung vor dem Menschenrechtsdenkmal im Koşuyolu-Park abgegeben. An der Kundgebung unter einem Transparent mit der kurdischen und türkischen Aufschrift „Es ist alles versucht worden, jetzt ist Zeit für Frieden“ beteiligten sich Vertreterinnen und Vertreter der in der Plattform zusammengeschlossenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parteien, darunter auch der HDP-Abgeordnete Garo Paylan und die CHP-Politikerin Gönül Özel.

Als Sprecher der Plattform erklärte Doğan Hatun, dass die Waffen endlich schweigen müssen. Die herrschenden Mächte hätten bis heute nichts aus dem Grauen des Krieges gelernt, das zu Tod und Vertreibung zahlloser Menschen geführt habe. Die Politik der Gewalt, die angesichts der kurdischen Frage geführt werde, bedrohe aktuell mit grenzüberschreitenden Operationen in Syrien, dem Irak und Libyen das Leben der dortigen Bevölkerung.

Die CHP-Lokalpolitikerin Gönül Özel wies in einer Rede darauf hin, dass alle Gesellschaften von Krieg betroffen seien und daher ein gemeinsamer Einsatz für den Frieden erforderlich sei. Ähnlich äußerte sich der HDP-Abgeordnete Garo Paylan: „Unter der Kriegspolitik der AKP/MHP-Regierung leiden alle. Krieg bedeutet Armut, Arbeitslosigkeit, Tod, Katastrophe. Um uns davon zu befreien, ist der Einsatz für Frieden sowohl im eigenen Land als auch in der Region eine vorrangige Aufgabe. Wir müssen das Kriegsgetrommel mit unseren Stimmen für den Frieden übertönen. Lasst uns alle gemeinsam ,Bijî aşitî – Es lebe der Frieden' sagen.“

Wan

Im Kale-Park vor der Festung in Wan wollten Mitglieder der HDP eine „Menschenkette für den Frieden“ bilden, wurden jedoch von einem hohen Polizeiaufgebot mit Wasserwerfern und Panzerwagen am Zugang gehindert. Daraufhin versammelten sich Hunderte Menschen mit einem Transparent mit der Aufschrift „Frieden statt Krieg, Freiheit statt Isolation“ vor der HDP-Zentrale.

Der DTK-Vorsitzende Berdan Öztürk rief in einer Rede dazu auf, weltweit für Frieden einzutreten. Zu dem in Wan durchgehend praktizierten Versammlungsverbot sagte er: „Demnächst wird auch noch das Atmen verboten. Wir leben in einer Diktatur, im Faschismus. Alle Völker der Türkei müssen den Frieden gegen den Krieg und die Freiheit gegen die Isolation verteidigen. Die Herrschenden fürchten uns, weil wir für Frieden, Demokratie und Freiheit eintreten. Das können sie ruhig weiter tun. Diese Angst bedeutet ihr Ende.“

Der stellvertretende HDP-Vorsitzende Tayip Temel erklärte: „Ganz Wan wird von Wasserwerfern und Polizisten belagert. Es wird Krieg gegen die Gesellschaft geführt. Das gilt für die gesamte Türkei. Wir fordern, dass das sofort aufhört.“ Temel forderte außerdem eine Rückkehr zu den Friedensverhandlungen, die von der Erdogan-Regierung 2015 einseitig beendet worden sind.

Istanbul

Die Initiative der Friedensmütter versammelte sich im Istanbuler Stadtteil Beşiktaş zu einer Kundgebung gegen die „polarisierende Kriegspolitik“ der türkischen Regierung. In einem symbolischen Akt warfen sie ihre weißen Kopftücher auf den Boden. In der kurdischen Tradition können Mütter mit dieser Geste Konflikte beenden.

Im Namen der Friedensmütter verlas Behiye Duman eine Erklärung, in der sie auf den seit über vierzig Jahre andauernden Krieg in Kurdistan und die letzten Friedensbemühungen einging: „In der Türkei herrschte zwischen 2013 und 2015 ein völlig anderes Klima. Diese Phase hat mit dem historischen Friedensaufruf von Abdullah Öcalan zu Newroz am 21. März 2013 begonnen. Am 28. Februar 2015 wurde mit dem Abkommen von Dolmabahçe eine sehr wichtige Ebene erreicht. Erstmalig wurde offen deklariert, dass das Problem unter Einbeziehung seiner Ansprechpartner gelöst werden muss. Wir alle haben miterlebt, dass der Staat mit Abdullah Öcalan und der HDP-Delegation gesprochen hat. Erstmalig wurde dazu ein Gesetz im Parlament erlassen und das Ergebnis der stattgefundenen Gespräche wurde in Dolmabahçe veröffentlicht. Dann trat jedoch der Putsch-Mechanismus auf den Plan. Zunächst wurde die Isolation Abdullah Öcalans verschärft, anschließend wurde eine sehr grausame Politik gegen die gesamte Gesellschaft praktiziert. Die blutigen Massaker, die am 5. Juni in Amed, am 20. Juli in Pirsûs [türk. Suruç] und am 10. Oktober 2015 in Ankara stattgefunden haben, sind für uns alle unvergesslich. Ebenso wenig haben wir die Zerstörung von Sûr, Cizîr [Cizre], Nisêbîn [Nusaybin] und anderen Orten vergessen. Der am 20. Juli 2016 ausgerufene Ausnahmezustand dauert faktisch immer noch an. Die einzige Politik, die im Moment im In- und Ausland gemacht wird, ist Krieg. Das Land und seine Menschen werden Schritt für Schritt weiter in den Abgrund getrieben.“

An die Regierung und alle politischen Parteien appellierte Behiye Duman: „Das Problem, das seit über einem Jahrhundert andauert und zum Krieg führt, hat einen Namen und einen Ansprechpartner. Die Lösungsadresse ist bekannt. Herr Öcalan hat im Gespräch mit seinen Anwälten am 2. Mai 2019 erklärt, dass seine zu Newroz 2013 deklarierte Haltung immer noch Gültigkeit hat. Wir rufen alle, die keinen Krieg wollen und sich von den durch den Krieg ausgelösten Problemen gestört fühlen, dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und sich klar zu positionieren."