Weitere Verhaftung im Kobanê-Verfahren in Ankara

Die HDP-Politikerin Meryem Adibelli ist im Rahmen der „Kobanê-Ermittlungen“ in Ankara verhaftet worden. Die Anzahl der Verhaftungen in dem Verfahren, das auf die Kobanê-Proteste von 2014 zurückgeht, hat sich somit 27 erhöht.

Die HDP-Politikerin Meryem Adibelli ist in Ankara verhaftet worden. Das ehemalige Parteiratsmitglied der HDP war vor drei Tagen im Rahmen der „Kobanê-Ermittlungen“ in Dîlok (türk. Antep) festgenommen und nach Ankara überführt worden. Nach dem polizeilichen Verhör wurde sie der Staatsanwaltschaft und dem Haftrichter vorgeführt. Das Gericht ordnete „Hausarrest“ an und ließ die Politikerin frei. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Widerspruch ein. Heute wurde Adibelli erneut dem Gericht vorgeführt, das diesmal einen Haftbefehl wegen den üblichen Terrorvorwürfen erließ. Adibelli wurde in das Frauengefängnis in Sincan gebracht.

Die Anzahl der Verhafteten in dem Verfahren hat sich damit auf 27 erhöht. Die von der Generalstaatsanwaltschaft Ankara geführten „Kobanê-Ermittlungen“ beziehen sich auf die Proteste in Nordkurdistan und der Türkei während des IS-Angriffs auf die Stadt Kobanê vor sechs Jahren. Im Rahmen dieses Verfahrens sind seit Anfang Oktober bereits 26 Aktivist*innen sowie Politikerinnen und Politiker, darunter hochrangige Vertreter*innen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und ihrer Schwesterpartei DBP (Partei der demokratischen Regionen), verhaftet worden.

Hintergrund der Kobanê-Proteste

Am Abend des 6. Oktober 2014 war es der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) nach 21 Tagen Widerstand der Verteidigungseinheiten YPG/YPJ sowie der Bevölkerung von Kobanê gelungen, ins Zentrum der westkurdischen Stadt einzudringen. Angesichts der kritischen Situation hatte die HDP die Öffentlichkeit zu einem unbefristeten Protest gegen die türkische Regierung aufgerufen, da diese ihre Unterstützung für den IS nicht beendete. Im Zuge dessen kam es in vielen Städten zu regelrechten Straßenschlachten zwischen Sicherheitskräften sowie paramilitärischen Verbänden wie Dorfschützern und Anhängern der radikalislamistischen türkisch-kurdischen Hisbollah (Hizbullah) und den Demonstranten. Die Zahl der dabei getöteten Personen, bei denen es sich größtenteils um Teilnehmende des Aufstands handelte, schwankt zwischen 46 (IHD) und 53. Die Regierung spricht lediglich von 37 Toten. Laut einem Bericht des Menschenrechtsvereins IHD wurden 682 Menschen bei den Protesten verletzt. Mindestens 323 Personen wurden verhaftet. Im Verlauf des Aufstands kam es zudem zu Brandanschlägen auf Geschäfte sowie öffentliche Einrichtungen.