Weitere Angriffe auf kurdische Kultur
Während in Wan eine Kundgebung wegen Govend-Tanzens gekesselt wurde, sind ein Soldat der türkischen Armee wegen kurdischer Tänze festgenommen und Hochzeitsmusiker:innen inhaftiert worden.
Während in Wan eine Kundgebung wegen Govend-Tanzens gekesselt wurde, sind ein Soldat der türkischen Armee wegen kurdischer Tänze festgenommen und Hochzeitsmusiker:innen inhaftiert worden.
Der türkische Staat hat eine neue Repressionskampagne gegen jeden Ausdruck kurdischer Kultur begonnen. Hochzeiten und Feste, auf denen Kurd:innen ihre traditionellen Govend-Tänze tanzen, sind zu Orten der staatlichen Repression geworden. Sogar Verkehrshinweise auf Kurdisch befinden sich im Visier des Regimes. Ein Blick auf die Ereignisse der letzten Tage macht das Bild deutlich.
Kurdische Verkehrshinweise auf Anordnung des Gouverneurs übermalt
Auf Anordnung des Gouverneurs der nordkurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakir) wurden dort Verkehrshinweise der Stadtverwaltung in kurdischer Sprache von Bewaffneten übermalt. Der Hinweis auf Kurdisch, langsam zu fahren und Fußgänger:innen über die Straße zu lassen, war dem Regime offensichtlich zu viel. Die türkische Aufschrift direkt daneben blieb stehen. Die Juristenvereinigung ÖHD und die Anwaltskammer von Amed haben Anzeige wegen „Volksverhetzung“, „Amtsmissbrauch“ und „Beschädigung öffentlichen Eigentums“ erstattet.
Drei Hochzeiten gestürmt – Hochzeitsmusiker:innen inhaftiert
In Colemêrg (Hakkari) wurden am Sonntag drei Hochzeiten von Polizei gestürmt. Es hieß, es würden „politische Lieder“ gespielt. In Sümbül in Colemêrg wurden der Hochzeitsveranstalter und alle Mitglieder der Musikgruppe Koma Özgün wegen „Terrorpropaganda“ festgenommen. Der Kameramann der Hochzeitsfeier wurde am Montagmorgen zum Verhör bestellt. Während der Kameramann und der Veranstalter freikamen, wurden die Mitglieder der Musikgruppe dem Haftrichter vorgeführt und wegen „Terrorpropaganda“ inhaftiert.
Soldat wegen Govend inhaftiert
Ein Kriegsdienstleistender der türkischen Armee wurde inhaftiert, weil er auf seiner Feier am Ende des Militärdienstes zu einem kurdischen Lied getanzt habe. Er war dabei gefilmt, von Regime-Trollen in den virtuellen Medien angegriffen und anschließend festgenommen worden. Auch er wurde wegen „Terrorpropaganda“ inhaftiert. Eine weitere Person, die ebenfalls getanzt habe, wird noch gesucht.
Demonstration gegen Angriff auf Kultur gekesselt
Doch dagegen regt sich Protest. Der türkische Staat versucht, diesen Protest einzuschüchtern und zu kriminalisieren. Das zeigte sich nun in Wan (Van), als die Polizei ausgerechnet Tanzende auf einem Protest gegen die Repression gegen die kurdische Kultur vorging. Es hatten sich vor dem Gebäude des Provinzverbands der DEM-Partei in Wan viele Menschen versammelt. Die Ko-Bürgermeister:innen Neslihan Şedal und Abdullah Zeydan, der DEM-Abgeordnete Mahmut Dindar, die Provinz- und Bezirksverbände der Partei der Demokratischen Regionen (DBP), der Verein der Angehörigen von Gefallenen (MEBYA-DER), der Gefangenensolidaritätsverein TUHAY-DER, die Frauenbewegung TJA, die Initiative der Friedensmütter, der Jugendrat der DEM-Partei und viele weitere Personen nahmen an dem Protest teil. Die Aktivist:innen riefen die Parole „Zimanê me rûmeta me ye“ („Unsere Sprache ist unsere Würde“).
„Sie können die kurdische Kultur und Sprache nicht vernichten“
Heval Dilbahar, Ko-Sprecher der Kommission für Sprache und Kultur der DEM-Partei, erklärte, dass die Welt in vielen Bereichen große Fortschritte gemacht habe, das Regime jedoch weiterhin die kurdische Sprache angreife. Er fuhr fort: „Mit diesen Angriffen wird es nicht gelingen, die kurdische Sprache, Kultur und Tänze zu zerstören. Seit einigen Tagen gibt es Angriffe auf die kurdische Kultur. In Mersin, Istanbul, Agirî, Êlih, Sêrt und schließlich in Colemêrg wurden Menschen, die sich für den Schutz der kurdischen Sprache und Kultur einsetzten, festgenommen und verhaftet. Wir schämen uns zutiefst dafür. Unsere Sprache ist unsere Ehre, unsere Sprache ist unsere Würde.“
In Amed hatten am Vortag Bewaffnete unter dem Schutz der Polizei kurdische Verkehrshinweise übermalt. Dilbahar erklärte dazu: „Nicht zwei kurdische Wörter können sie ertragen. Das ist einfach nur unmenschlich und inakzeptabel. So wie die türkische, arabische, persische und englische Sprache heilig und wertvoll sind, so ist auch die kurdische Sprache wertvoll und heilig. Heute Kurdisch, morgen Kurdisch, immer Kurdisch.“
Nach der Erklärung tanzten die Anwesenden gemeinsam Kreistänze unter den Parolen „Bijî Serok Apo“ und „Ohne Sprache kein Leben“. Die Polizei ging gegen die Aktivist:innen vor und kesselte die Gruppe bis zum Ende der Aktion ein.