Weckruf für Efrîn

Ungewöhnliche Solidaritätsaktion für Efrîn in der norddeutschen Stadt Lüneburg.

Es ist Freitag, fünf Uhr in der Früh des religiösen Feiertags Karfreitags, als in der norddeutschen Stadt Lüneburg laute Kriegsgeräusche durch die noch dunklen, verschlafenen Straßen schrillen. Mit einer ungewöhnlichen Protestaktion machten Aktivist*innen die Bewohner*innen der Kleinstadt auf den Krieg des türkischen Regimes gegen die Bevölkerung von Efrîn (Afrin) aufmerksam.

Blitze zuckten, das Pfeifen der Granaten, Kanonendonner brachten für einige Minuten die morgendliche Ruhe durcheinander. Doch was hier nur die Geräusche von Feuerwerksraketen waren, ist für die Menschen in Efrîn und in anderen Teilen Syriens tödliche Lebensrealität geworden.

Es ist ein Weckruf für Efrîn heißt es in der Erklärung der Aktivist*innen, die sich solidarisch mit den Menschen von Efrîn erklären und sie verurteilen die Ignoranz Deutschlands bezüglich des türkischen Angriffskrieges auf den kurdischen Kanton Efrîn in Nordsyriens. „Während die türkische Armee massive Menschenrechtsverletzungen begeht und eine demokratisch organisierte Gesellschaft in Nordsyrien angreift, bleiben Politiker*innen, Parteien und auch ein Großteil der hiesigen Bevölkerung bis jetzt still“, heißt es in der Erklärung, in der auch auf die dunkle Geschichte der Stadt eingegangen wird.

Weiter heißt es in der Erklärung:

„Am frühen Freitagmorgen um 05:00 Uhr haben wir die Stadt Lüneburg mit lauten Böllern und Feuerwerksbatterien geweckt. Die Aktion richtet sich gegen die Ignoranz Deutschlands bezüglich des türkischen Angriffskrieges auf das kurdische Kanton Afrin im Norden Syriens. Während die türkische Armee massive Menschenrechtsverletzungen begeht und eine demokratisch organisierte Gesellschaft in Nordsyrien angreift, bleiben Politiker*innen, Parteien und auch ein Großteil der hiesigen Bevölkerung bis jetzt still. Wirtschaftliche und militärische Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei wiegen mehr als Menschenleben. Wenn die Empathie für durch Bomben und Artillerie getötete Menschen fehlt, müssen wir den Lärm von Krieg und Waffen hier her tragen. Denn auch hier ist es notwendig gegen den Diktator Erdogan aufzustehen, auf die Straße zu gehen und die Stimme zu erheben.

Gerade von einer Stadt wie Lüneburg erwarten wir auf Grund ihrer Geschichte mehr Sensibilität und eine deutliche Stimme gegen Krieg und Menschenrechtsverletzungen. Lüneburger Truppenverbände haben nicht nur in der Vergangenheit am Massaker von Ozarichi (Weißrussland, 1940) mitgewirkt. Auch war der Kommandant des Kampfgeschwader 257 aus Lüneburg, Wolfram Freiherr von Richthofen, sowohl verantwortlich für die Vernichtung Guernicas (Spanien, 1937) als auch für Flächenbombardements auf Wohnviertel während des zweiten Weltkrieges.

75 Jahre später fällt ein enger NATO-Verbündeter Deutschlands in eins der wenigen demokratischen Projekte des Nahen Ostens ein. Die Türkei führt dort einen Angriffs- und Vertreibungskrieg gegen Kurd*innen und der Idee einer friedlichen Zukunft, in der alle Ethnien und Religionen gleichberechtigt in demokratischen Räten vertreten sind. Die Zivilbevölkerung wird erst bombardiert, dann vertrieben und ihr Besitzt geplündert. Das alles mit Unterstützung islamistischer Gruppen.

Und Deutschland fällt dazu nichts Besseres ein als Panzer zu liefern und zu schweigen. Die deutsche Regierung und ein Großteil der Gesellschaft schweigt zum Massenmord in Afrin. Sie schweigt ebenso zu tausenden politischen Gefangenen in türkischen Gefängnissen, zu Berufsverboten für Akademiker*innen, zu Folter durch die türkische Polizei, zu komplett zerstörten kurdischen Städten, zu Leichenschändungen durch die türkische Armee, zu finanzieller und logistischer Unterstützung für Al Qaida und anderen islamistischen Gruppen, zu gezielter Vernichtung von Kulturgütern usw.. Die Welt schweigt und Erdogan baut sein großosmanisches Reich auf.

Deutschland macht sich mitschuldig: Durch sein Schweigen, durch die Unterstützung der Türkei mit Waffen, durch Unterdrückung und Verfolgung von Kurd*innen auch hier in Deutschland. Symbole und Fahnen des kurdischen Widerstandes und der demokratischen Organisierung werden verboten und kriminalisiert. Aktivist*innen als Terrorist*innen verfolgt. Deutschland macht sich so zum Handlanger Erdogans.

Wir solidarisieren uns mit der notleidenden Bevölkerung und dem Widerstand gegen das Erdogan-Regime wie beispielsweise durch der YPG und YPJ. So sehen wir die Notwendigkeit auch hier unsere Stimmen zu erheben. Denn Afrin ist überall, Widerstand ist überall und nur eine große Solidaritätsbewegung kann das Schweigen durchbrechen.

#DefendAfrin, #fight4afrin"