Was fordert Erdoğan für die sieben deutschen Gefangenen?

Heute beginnt der zweitägige Türkei-Besuch von Bundesaußenminister Heiko Maas. Im Vorfeld des Besuchs stellt sich die Frage, was Erdoğan für die Freilassung der in der Türkei inhaftierten Deutschen angeboten wird.

Seit März ist Heiko Maas Bundesaußenminister in der neuen Merkel-Regierung. Heute stattet er der Türkei seinen ersten Besuch ab. Zwei Tage lang werden in Ankara und Istanbul Gespräche stattfinden. Gestern teilte das türkische Außenministerium überraschend mit, dass Maas auch mit dem türkischen Staats- und Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan zusammentreffen wird.

Das Gespräch wird auf Wunsch Erdoğans stattfinden. Es stellt sich die Frage, wie sich Maas, der sich in seiner Zeit als Justizminister mehrfach kritisch zum Erdoğan-Regime geäußert hatte, jetzt verhalten wird.

Erneute Deals zum Thema deutsche Gefangene?

In den vergangenen Tagen hat Maas wiederholt auf die sieben Deutschen verwiesen, die sich als Erdoğans Geiseln gegen den Westen in türkischen Gefängnissen befinden. Ihre Freilassung sei die Voraussetzung für eine Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehungen, so der Bundesaußenminister. Diese Verlautbarung signalisiert einen erneuten schmutzigen Deal zwischen beiden Regierungen. Es stellt sich die Frage, was die Erdoğan-Regierung für die Freilassung der Deutschen von Berlin fordern wird.

Die erste Möglichkeit ist eine gesteigerte Kriminalisierung kurdischer Strukturen in der Bundesrepublik. Auch die Genehmigung eines öffentlichen Auftritts Erdoğans vor seinen Anhängern bei seinem Besuch in Deutschland am 28. und 29. September kommt in Betracht.

Beide Möglichkeiten würden dem sozialdemokratischen und rechtsstaatlichen Image schaden, das Maas sich im Gegensatz zu den vorherigen SPD-Größen Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel zulegen möchte. Verhandlungen fern von rechtsstaatlichen Prinzipien mit dem Diktator Erdoğan werden bereits jetzt als schwarzer Fleck in der politischen Karriere des SPD-Politikers betrachtet.

Die türkische Geiselpolitik gegenüber der Bundesrepublik

Im August ist das Ausreiseverbot der ETHA-Journalistin Meşale Tolu aufgehoben worden. Diesen Beschluss hatte Maas als ein Anzeichen für eine Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen gewertet. Obwohl Maas es als unakzeptable Situation bezeichnet, dass sich weiterhin Deutsche in türkischen Gefängnissen befinden, hat die Bundesregierung bisher nichts für ihre Staatsbürger erreichen können.

Nach Angaben des Bundesaußenministeriums sind momentan sieben Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert. Die Anzahl könnte sogar noch höher sein, weil die türkischen Behörden das deutsche Außenministerium zumeist sehr spät über Verhaftungen informieren.

Den meisten der inhaftierten Deutschen wird Kritik an Erdoğan in den sozialen Medien vorgeworfen. Andere sollen verhaftet worden sein, weil ihre politischen Aktivitäten in Deutschland vom türkischen Geheimdienst MIT beobachtet worden sind. Eine Anklageschrift liegt in keinem Fall vor.

2017 hat das Erdoğan-Regime seine Geiselpolitik erfolgreich gegen Berlin eingesetzt und damit Zugeständnisse erwirkt. Der Türkei-Korrespondent der Tageszeitung Die Welt war aufgrund schmutziger Deals des damaligen Außenministers Gabriel frei gekommen. Vor Gabriel war bereits der ehemalige Bundeskanzler Schröder im Auftrag der Bundesregierung in Istanbul mit Erdoğan zu einem Gespräch zusammengetroffen.