Es ist in Nordkurdistan schon fast zu einer bitteren Tradition geworden. Wie vor jeder Wahl beginnen die AKP-Kreisverbände und ihnen angeschlossene Organisationen, „Geschenke“ an die Bevölkerung zu verteilen. Unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Notlage der Menschen verteilen diese Verbände Geldgeschenke oder Lebensmittelpakete. Bei früheren Wahlen war dies immer wieder auch mit einem Schwur auf den Koran verbunden, die Stimme der AKP zu geben. In Wan ziehen die Unterstützer:innen der AKP vor allem im Schutze der Dunkelheit von Haus zu Haus und verteilen ihre Lebensmittel und Geldgeschenke. Dabei treten insbesondere Frauenverbände der AKP und Imame in den Vordergrund. Die Imame sollen für einen entsprechenden religiösen Druck sorgen, nach Annahme des Geschenks auch das Kreuz an der „richtigen“ Stelle zu machen.
„Unser Wille ist nicht verkäuflich“
Ein Bürger aus dem Viertel Istasyon im Kreis Tuşba in Wan berichtet über die Situation: „Nachts ziehen Gruppen von Männern und Frauen durch die Stadtteile. Diese Leute haben es auf Familien abgesehen, die sie zuvor ausgesucht haben und die in der Regel arm sind. Vor ein paar Tagen kamen sie zu meinem Haus. Sie hatten Lebensmittelpakete dabei. Neben den Lebensmittelpaketen wollten sie uns tausend Türkische Lira geben. Wir haben sie aus unserem Haus geworfen und ihnen gesagt, dass sie nicht mehr kommen sollen. Sie denken, dass sie uns, das Volk, mit Bestechungsgeldern kaufen können. Aber als kurdisches Volk werden wir unseren Willen nicht verkaufen. Wir werden mit ihnen am 14. Mai an der Wahlurne abrechnen.“
Truppenverlegungen in Widerstandsprovinzen
Gleichzeitig hat das AKP/MHP-Regime Soldaten und Polizei in Wan zusammengezogen und schikaniert durch Polizeikessel, Kontrollpunkte und Absperrungen sämtliche Aktivitäten der Grünen Linkspartei (YSP). Die Bevölkerung zeigt sich jedoch widerständig. Die Eröffnungen von Wahlbüros der YSP werden in Wan zu kämpferischen Kundgebungen.
Doch das Regime scheint sich auf einiges vorzubereiten. So haben in ganz Nordkurdistan, insbesondere in den Provinzen Wan und Colemêrg (tr. Hakkari), sowohl Militär als auch Polizei eine Urlaubssperre erhalten. Sämtliche Verlegungen aus der Region wurden ebenfalls bis zum 14. Mai, dem Wahltermin, eingestellt. Es ist zu befürchten, dass das Regime einen massiven Wahlbetrug versuchen wird.
Wahlbetrug verhindern – an internationaler Wahlbeobachtung beteiligen
Die Demokratische Partei dr Völker (HDP) ruft auch in Deutschland zur Beteiligung an Delegationen zur Wahlbeobachtung in der Türkei und Nordkurdistan auf. Alle Interessierten werden darum gebeten, sich unter Angabe des vollständigen Namens, des Geburtsdatums, des Wohnortes und des möglichen Aufenthaltszeitraums bei der Deutschlandvertretung der HDP unter folgender E-Mail-Adresse anzumelden: [email protected].