Verbotsverfahren wird ohne HDP-Anhörung fortgesetzt

Wie zuvor angekündigt, sind die HDP-Vorsitzenden heute nicht zur mündlichen Verteidigung im Verbotsverfahren in Ankara angetreten. Der Berichterstatter des Verfassungsgerichts wird jetzt eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen die HDP erstellen.

Die Demokratische Partei der Völker (HDP) hat wie bereits angekündigt an der heutigen Anhörung vor dem türkischen Verfassungsgericht nicht teilgenommen. Der Termin war vom Gericht für die mündliche Verteidigung im Verbotsverfahren gegen die HDP angesetzt worden.

In dem Gerichtsverfahren, das nach der Annahme der von der Generalstaatsanwaltschaft des Kassationsgerichts vorbereiteten Anklageschrift zur Schließung der Partei am 21. Juni 2021 begann, war zunächst beschlossen worden, dass die HDP-Vorsitzenden am 14. März 2023 mündlich plädieren sollten. Auf Antrag der Partei wurde ihr eine Fristverlängerung gewährt und der Termin auf den 11. April verschoben. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis nach den Wahlen am 14. Mai wurde jedoch abgelehnt.

Daraufhin reichte die HDP am 6. April eine Petition beim Verfassungsgerichtshof ein, in der sie ihre Entscheidung erklärte, heute nicht mündlich zu plädieren. Der Gerichtshof erörterte die Entscheidung und nahm sie zu Protokoll. Der Berichterstatter des Verfassungsgerichts wird jetzt eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen die HDP erstellen.

Verbotsverfahren gegen die HDP

Der Kassationsgerichtshof leitete am 2. März 2021 ein Ermittlungsverfahren gegen die HDP ein, und der Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichtshofs, Bekir Şahin, beantragte am 17. März 2021 beim Verfassungsgericht die Schließung der HDP und ein politisches Betätigungsverbot für Hunderte ihrer Mitglieder.

Für ein Parteiverbot ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, zehn der 15 Mitglieder des Verfassungsgerichts müssen dafür stimmen. Dasselbe gilt für andere Sanktionen wie den vollständigen oder teilweisen Entzug öffentlicher Zuschüsse. Politiker:innen, gegen die ein Betätigungsverbot ausgesprochen wird, dürfen fünf Jahre lang keine andere politische Partei gründen, leiten oder beaufsichtigen.

Politisch motiviertes Justizlabyrinth

Die HDP, die drittgrößte Partei im türkischen Parlament, wird durch das politisch motivierte Verbotsverfahren des Erdogan-Regimes an der Teilnahme an den Wahlen gehindert. Um diesem politisch motivierten juristischen Labyrinth und dem Risiko einer Schließung zu entgehen, beschloss die HDP, bei den Wahlen am 14. Mai die Grüne Linkspartei (YSP) zu unterstützen.

Die europäische Vertretung der HDP hatte am 13. März zu einer internationalen Solidaritätsbekundung gegen das Verbotsverfahren aufgerufen, an der sich Dutzende Parteien und Hunderte Parlamentarier:innen aus mehr als 22 Ländern beteiligten.