In Leipzig werden die Kurdistan-Tage fortgesetzt. Noch bis zum 13. August wird Interessierten eine bunte Mischung aus kulturellen und politischen Veranstaltungen geboten. Veranstalter:innen sind das Rojava-Solidaritätsbündnis mit den Ortsgruppen von Women Defend Rojava, Gemeinsam Kämpfen, Defend Kurdistan und der Internationalistischen Jugendkommune. Am Freitag stand ein Vortrag zum Thema „Demokratischer Konföderalismus“ auf dem Programm. Referent:innen der feministischen Gruppe „Gemeinsam Kämpfen“ und der Internationalistischen Jugendkommune erklärten die Grundlagen des von Abdullah Öcalan vorgelegten Konzepts.
Ab 18 Uhr kamen rund 40 Menschen im „Raum der Zeit“ im Leipziger Osten zusammen, um dem Vortrag zu lauschen. Leider war der Raum etwas zu klein, daher wurde für 30 Interessierte spontan eine Parallelveranstaltung im Park „Rabet“ nebenan organisiert. Im Anschluss konnten sich alle bei leckerem Essen austauschen.
Der Vortrag begann mit einer Einführung über Kurdistan und den Lausanner Vertrag, mit dem Kurdistan vor hundert Jahren auf vier Staaten aufgeteilt wurde. Verabschiedet wurde der Vertrag am 24. Juli 1923 nach dem ersten Weltkrieg und dem Zerfall des Osmanischen Reichs. Die westlichen Siegermächte zogen die Grenzen des heutigen Irans, Iraks, von Syrien und der Türkei. Kurdistan wurde nicht beachtet und kolonisiert.
Weiter ging es mit der Geschichte und Entstehung der Freiheitsbewegung Kurdistans und aus welcher politischen Praxis die Ideen des Demokratischen Konföderalismus entstanden sind. Hierbei wurde explizit auf die Rolle und aktuelle Situation von Abdullah Öcalan als Vordenker der Freiheitsbewegung hingewiesen. Öcalan sitzt seit dem 15. Februar 1999 in Isolationshaft auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali, seit März 2021 besteht kein Kontakt mehr zu ihm.
Im weiteren wurde der Paradigmenwechsel angesprochen, der vor allem durch die Analysen von Abdullah Öcalan im Gefängnis angestoßen wurde. Nach dem Zerfall des Realsozialismus wurden viele linke Bewegungen weltweit in eine tiefe Krise gestürzt. Jedoch nahm Öcalan dies zum Anlass, tiefer die Probleme und Fallstricke des Realsozialismus zu studieren. Eine seiner zentralen Analysen behandelt das Thema Macht und Staat und die Erkenntnis, dass Nationalstaaten eine der Wurzeln der Probleme unserer Zeit sind und keine Lösung für das kurdische Volk sein können. Das System des Demokratischen Konföderalismus ist seitdem die Grundlage der Freiheitsbewegung und auch der Revolution von Rojava. Die Referent:innen berichteten über die Revolution in Rojava, dass im Zuge des arabischen Frühlings ein Machtvakuum in Nordsyrien entstand und dieser Moment genutzt wurde, um am 19. Juli 2012 befreite Gebiete auszurufen. Im weiteren Vortrag wurden die Philosophie des Demokratischen Konföderalismus und seine drei Säulen Frauenbefreiung, Basisdemokratie und Ökologie beschrieben.
Bevor es in eine Frage- und Diskussionsrunde ging, wurde sich noch mit der aktuellen politischen Lage befasst. Hier lag das Augenmerk auf den neoosmanischen Zielen der Türkei und den permanenten Angriffen auf Kurdistan. Im Anschluss gab es eine spannende Diskussion zur Frage der „internationalistischen Hoffnung“. Zuletzt wurde noch ein Solidaritätsfoto für die Freiheit von Abdullah Öcalan gemacht. Der Abend klang dann mit Gesprächen bei einem gemeinsamen Essen aus.