Türkei kann vor UN illegale Isolationshaft nicht leugnen

Die türkische Delegation blieb eine juristische Antwort auf die Frage der UN-Sonderberichterstatterin gegen Folter, Maeda Naoko, zur Isolation auf Imrali schuldig. Die Türkei erklärte, es gebe keine Isolation, sondern ein Verbot.

Isolation der Imrali-Gefangenen

Im Palais Wilson des UN-Büros in Genf findet die 80. Sitzung des UN-Ausschusses gegen Folter statt. Derzeit werden die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei diskutiert und erörtert. Berichterstatter:innen des UN-Ausschusses gegen Folter, Vertreter:innen von Nichtregierungsorganisationen, die Berichte über die Türkei vorlegen, und eine Delegation des Regimes in Ankara nehmen an den Sitzungen teil.

UN-Sonderberichterstatterin fragt nach Isolation Öcalans

Die UN-Sonderberichterstatter:innen gegen Folter wiesen in ihren Vorträgen insbesondere auf das Ausmaß der Rechtsverletzungen in den Gefängnissen der Türkei und Kurdistans hin. Die Sonderberichterstatterin Maeda Naoko, Vertreterin von Japan, ging in ihrem Bericht auch auf die Isolation von Abdullah Öcalan ein.

In der Nachmittagssitzung antwortete Fatih Güngör, stellvertretender Generaldirektor für Gefängnisse und Haftanstalten im Justizministerium, im Namen der türkischen Delegation auf die Fragen der Sonderberichterstatter:innen zu Rechtsverletzungen in Gefängnissen.

Güngör behauptete, die Standards in türkischen Gefängnissen entsprächen internationalen Konventionen, und dass es entgegen den Berichten vieler Nichtregierungsorganisationen keine Isolation in Haftanstalten gebe.

Türkei-Vertreter versucht, Isolation mit „Disziplinarstrafen“ zu bemänteln

Güngör ging auch kurz ein auf die Frage nach der Isolation auf Imrali, wo Abdullah Öcalan seit 1999 in Isolationshaft, seit mehr als drei Jahren in verbotener Incommunicado-Haft gehalten wird. Güngör erklärte, dass Abdullah Öcalan nach Artikel 125 des türkischen Strafgesetzbuchs zu lebenslanger Haft ohne Widerruf verurteilt worden sei, und verteidigte die Disziplinarstrafen und das Verbot von Anwaltsbesuchen, denen Öcalan seit langem willkürlich ausgesetzt ist.

Güngör versuchte, die Isolation Öcalans mit folgender Behauptung zu bemänteln: „Abdullah Öcalan verbüßt derzeit seine Strafe im Hochsicherheitsgefängnis Imralı zusammen mit drei weiteren Gefangenen. Personen, die sich nicht gesetzeskonform verhalten, können von der Aufsichtsbehörde der Gefängnisverwaltung einer Reihe von Sanktionen unterworfen werden. Bestimmte Vergehen, die im Gefängnis begangen werden, können zu einem Besuchsverbot führen. Für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ist der Disziplinarrat für den Strafvollzug zuständig. Sobald die Entscheidung getroffen wurde, wird der Gefangene informiert und kann beim Vollstreckungsrichter Einspruch einlegen. Er kann die Angelegenheit sogar vor ein zuständiges Gericht bringen. Dementsprechend wurden die Familienbesuche für Gefangene in Imralı für drei Monate ausgesetzt. Besuche von Verwandten sind daher in diesem Zeitraum untersagt. Gegen diese Entscheidung, die im April 2024 rechtskräftig und vollstreckbar wurde, ist kein Widerspruch oder keine Beschwerde eingelegt worden. Die Besuche von Rechtsanwälten wurden im Mai 2024 per Gerichtsbeschluss für sechs Monate ausgesetzt. Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt, die jedoch im Juni 2024 zurückgewiesen wurde, sodass die Entscheidung rechtskräftig wurde.“

Anwalt: „Auf Imrali ist das Recht aufgehoben“

Ibrahim Bilmez, Anwalt von Abdullah Öcalan, erklärte dazu gegenüber ANF: „Regelmäßig alle drei Monate erhalten sowohl Herr Öcalan als auch seine Mitgefangenen auf Imralı Disziplinarstrafen. Diese Praxis widerspricht dem Vollzugsrecht wie auch dem Recht im Allgemeinen. Disziplinarstrafen können nicht in dieser ununterbrochenen Form verhängt werden. Unsere Mandanten haben wiederholt Einspruch gegen die verhängten Strafen eingelegt. Wie wir wissen, funktioniert die Justiz überhaupt nicht, wenn es um Imralı geht. Diese Einsprüche haben zu keinem einzigen positiven Ergebnis geführt. Als Anwälte haben wir seit 25 Jahren bei keinem unserer Anträge eine positive Entscheidung der türkischen Justiz herbeiführen können. Es kann also sein, dass unsere Mandanten keinen Antrag stellen, weil sie das Vertrauen in die Beobachtungsstellen und Gerichte verloren haben, weil die Justiz in ihrem Fall nicht funktioniert und weil sie glauben, dass das Ergebnis immer dasselbe sein wird. Leider können wir im Moment aber nicht einmal das bestätigen, weil wir keinen Kontakt zu ihnen haben.“

Wir erfahren die Strafbegründungen aus den CPT-Berichten“

Das Anwaltsteam erhält nicht einmal die Entscheidungen der Vollzugsbehörden und Gerichte. Bilmez erklärte: „Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass diese Entscheidungen uns, den bevollmächtigten Anwälten, nicht mitgeteilt werden. Normalerweise muss das Verfahren so ablaufen: Wir müssen die Möglichkeit haben, uns über die gegen unsere Mandanten verhängten Sanktionen zu informieren, um dann Rechtsmittel einlegen zu können. Trotz alledem stellen wir weiterhin Anträge im Namen unserer Mandanten auf vermuteter Basis. Wir legen auch unter diesen Bedingungen Einspruch ein, da wir wissen, dass die Strafen immer in Zeiträumen von drei Monaten verhängt werden. Es geht darum, die Isolation durch die Disziplinarstrafen, die im Imralı-Gefängnis seit Jahren regelmäßig alle drei Monate verhängt werden, beim Namen zu nennen. Wir können nicht einmal die Gründe für die Strafen direkt erfahren. Wir können diese aus den CPT-Berichten herauslesen. Zum Beispiel haben die Gefangenen das Recht, sich mit drei Personen für eine Stunde pro Woche zu sportlichen Aktivitäten zu treffen. Das kann einmal auf einem Volleyballfeld sein und ein anderes Mal auf einem Basketballfeld. Wir wissen nicht einmal, ob dieses Recht im Moment anerkannt wird, aber die Begründung für eine der in den Berichten wiedergegebenen Strafen lautete wie folgt: Es wurde 45 Minuten lang Sport getrieben, und die letzten 15 Minuten wurden damit verbracht, im Laufen zu sprechen. Das sagt doch schon alles. Ihnen wird im Ernst vorgeworfen, nicht 60 Minuten lang Volleyball gespielt, sondern in den letzten 15 Minuten geredet zu haben? Die Aussagen des Ministerialbeamten vor den UN entsprechen also nicht der Wahrheit. Es handelt sich nur um einen Versuch, dieses rechtswidrige Vorgehen zu verschleiern.“