Türkei: Schutzsuchende Frau in Abschiebezentrum vergewaltigt

In Wan sind zwei Mitarbeiter eines Abschiebezentrums wegen Vergewaltigungsvorwürfen einer Schutzsuchenden aus Iran verhaftet worden. Einen dritten Vergewaltiger konnte die Frau nicht identifizieren, da sich die Tat in einem abgedunkelten Raum ereignete.

Wegen Vergewaltigungsvorwürfen einer Schutzsuchenden aus dem Iran sind zwei Mitarbeiter eines Abschiebezentrums in Êrdmed (auch Ertemêtan, türk. Edremit) bei Wan verhaftet worden. Einen dritten Täter konnte die Frau nicht wiedererkennen, da sich die Vergewaltigungen in einem abgedunkelten Quarantäneraum ereigneten.

Erstmals berichtet von dem Fall hatte am Samstag die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA). Wie es heißt, sei das Opfer mit den Initialen Z.M. nach einer illegalen Grenzüberschreitung in Wan aufgegriffen und in das Abschiebezentrum Kurubaş gebracht worden. Dort wurde sie vorsorglich auf der Quarantänestation untergebracht. Am Abend des 22. Juli hätten sich die drei Sicherheitskräfte nacheinander Zutritt in den Haftraum verschafft, zuvor sei das Licht ausgeschaltet worden. Erst vier Tage später, am 26. Juli, gelang es der Schutzsuchenden, dem Direktor des Abschiebezentrums die mehrfache Vergewaltigung zu schildern. Daraufhin wurde die Kreiskommandantur der Militärpolizei in Êrdmed verständigt. Bei einer Gegenüberstellung konnte die Frau Y.V. und İ.H.K. als Täter identifizieren. Ein Amtsgericht in der Provinz Wan erließ Haftbefehl wegen des Verdachts auf Vergewaltigung.

Warum der Fall erst jetzt bekannt wurde und wann die Untersuchungshaft angeordnet wurde, ist unklar. Nach MA-Informationen haben die Sicherheitskräfte die Vergewaltigungsvorwürfe vor Gericht bestritten. „Ich fühle mich meinem Land und meiner Nation verbunden. Es handelt sich um eine Verleumdung“, soll İ.H.K. zu seiner Verteidigung angegeben haben. Auch der zweite Beschuldigte wies die Vorwürfe zurück. Beide Männer befinden sich im T-Typ-Gefängnis in Wan.

Das Abschiebezentrum Kurubaş, das am Rande der Hauptverkehrsstraße Richtung Colemêrg (Hakkari) liegt, wurde 2013 als Aufnahme- und Unterbringungszentrum mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union (EU) für 370 Personen erbaut. Seit April 2017 wird die Einrichtung mit Einwilligung der EU als Abschiebezentrum benutzt. Laut den Zahlen der Migrationsbehörde, die dem Innenministerium unterstellt ist, gibt es derzeit 24 reguläre und zwei temporäre Abschiebezentren in der Türkei mit einer Kapazität von insgesamt 15.676 Plätzen. Im Rahmen von EU-Projekten soll die Anzahl bis Ende 2020 auf 35 Zentren mit mehr als 20.300 Plätzen erhöht werden.

Situation für Flüchtlinge in Wan dramatisch

Die Anzahl von Schutzsuchenden, die über die iranische Grenze nach Wan ankommen, ist im letzten Jahr deutlich gestiegen. Fast täglich erreichen hunderte Geflüchtete die Provinz und kämpfen unter menschenunwürdigen Bedingungen ums Überleben. Der größte Teil von ihnen lebt auf der Straße und in den Parks. Andere harren im Busbahnhof von Wan aus. Es handelt sich bei den Schutzsuchenden großteils um junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren, darunter auch Frauen mit kleinen Kindern. Sie alle sind lebensbedrohlichen Zuständen ausgesetzt. Die Bevölkerung der Stadt versucht, sie so gut es geht mit Kleidung, Essen und Decken zu unterstützen. Von der Regierung werden sie lediglich als Druckmittel gegen die EU eingesetzt.