Türkei „erhöht“ Mindestlohn angesichts Inflation
In der Türkei ist der monatliche Mindestlohn angehoben worden. Trotz einer rund 30-prozentigen Steigerung reicht der Betrag nicht aus, um eine vierköpfige Familie zu ernähren.
In der Türkei ist der monatliche Mindestlohn angehoben worden. Trotz einer rund 30-prozentigen Steigerung reicht der Betrag nicht aus, um eine vierköpfige Familie zu ernähren.
Angesichts einer massiven Inflation hat die Türkei den monatlichen Mindestlohn um rund 30 Prozent angehoben. Er steige auf 5500 Lira netto (rund 316 Euro) monatlich, sagt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Freitag in Istanbul. Es ist die zweite Anhebung in einem Jahr. Normalerweise wird der Mindestlohn nur einmal im Jahr angepasst.
Die Türkei steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die offizielle Inflationsrate liegt bei mehr als 70 Prozent, die Opposition geht allerdings davon aus, dass die tatsächliche Inflation mehr als doppelt so hoch ist wie die Zahlen der Regierung. Vor allem die Preise für Lebensmittel sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen.
Erdoğan macht unter anderem globale Preisschwankungen für die Preissteigerungen im Inland verantwortlich und weist Kritik zurück, dass seine Regierung es versäumt habe, die Inflation wirksam zu bekämpfen. Linke Parteien und Organisationen kritisieren, dass der Mindestlohn ein Witz sei und die Preisentwicklung schon längst in eine sogenannte Hyperinflation ausgewachsen sei. Eine Hyperinflation entsteht, wenn die Inflation davongaloppiert und nicht mehr gestoppt werden kann, außer mit einer glaubwürdigen Währungsreform. Die ökonomischen Folgen sind desaströs: Breite Bevölkerungsschichten verarmen.
Mindestlohn reicht für vierköpfige Familie nicht
Nach Angaben des Gewerkschaft-Dachverbandes Türk-Iş betrug der Betrag, der erforderlich ist, um eine vierköpfige Familie zu ernähren im Juni 6.391 Lira, also knapp 900 Lira mehr als der Mindestlohn. Die Armutsgrenze für einen Vier-Personen-Haushalt lag demnach im Juni bei 20.818 Lira (derzeit rund 1.200 Euro). Damit musste der Haushalt mehr als doppelt so viel verdienen, um über die Runden zu kommen, als im Juni vergangenen Jahres.
ENAG: Inflationsrate bei 160 Prozent
Die Inflation Research Group (ENAG) hatte Anfang Juni einen Anstieg der jährlichen Inflationsrate in der Türkei um 160 Prozent bekannt gegeben. Allein im Monat Mai sind laut Verbraucherpreisindex die Preise um 5,46 Prozent gestiegen. Damit war eine allgemeine Preissteigerung von 160,76 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen. Doch auch diese Zahlen geben das Ausmaß nur teilweise wieder. Die vom Regime kontrollierte Statistikbehörde der Türkei (TÜIK) hatte Anfang Juni massive Proteste ausgelöst, als sie die Falschmeldung verbreitete, die Inflationsrate läge nur bei 73 Prozent.