„Tumultartige Szenen“: Deutsche und österreichische Rettungsteams stoppen Einsatz

Deutsche und österreichische Rettungsteams haben ihre Einsätze im türkischen Erdbebengebiet Hatay unterbrochen. Es sei zu Tumulten gekommen, auch Berichte über Schüsse gibt es. Die Teams blieben aber weiter vor Ort.

Das Technische Hilfswerk und die Hilfsorganisation ISAR Germany haben ihre Rettungsarbeiten im türkischen Erdbebengebiet unterbrochen. Die Organisationen erklärten, die Sicherheitslage in der Provinz Hatay habe sich in den vergangenen Stunden verschlechtert. Rettungsteams würden deshalb nur noch in besonderen Fällen aus dem Basislager ausrücken.

Eine Sprecherin der THW-Zentrale in Bonn sprach von „tumultartigen Szenen“. Gründe seien möglicherweise die Verknappung von Lebensmitteln und die schwierige Wasserversorgung im Erdbebengebiet. Daher stehe jetzt der Schutz der Ehrenamtlichen im Vordergrund. Der ISAR-Einsatzleiter sagte, die Trauer weiche langsam der Wut.

Auch eine Katastrophenhilfseinheit des österreichischen Militärs hat ihre Rettungsarbeiten in Hatay eingestellt. „Es gibt zunehmend Aggressionen zwischen Gruppierungen in der Türkei. Es sollen Schüsse gefallen sein“, sagte Oberstleutnant Pierre Kugelweis vom österreichischen Bundesheer der Nachrichtenagentur APA. „Es gab Zusammenstöße zwischen Gruppen“, sagte ein österreichischer Armeesprecher, ohne nähere Angaben zu machen.

Wie der Sprecher weiter mitteilte, halten sich die österreichischen Kräfte gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen in einem Basiscamp im Kreis Kırıkhan auf und warten auf Anweisungen. Sie wollen ihre Arbeit wieder aufnehmen, sobald dies wieder sicher möglich ist.

Zahl der Opfer in Türkei und Syrien überschreitet 24.500

Die Zahl der bestätigten Toten überschritt derweil die Schwelle von 24.500. Die Überlebenschancen sind am Tag fünf nach der Naturkatastrophe verschwindend gering. Normalerweise kann ein Mensch höchstens 72 Stunden ohne Wasser auskommen. Hinzu kommen die kühlen Temperaturen.


Sechsjährige in Hatay nach 131 Stunden gerettet

Allein in der Türkei starben mindestens 21.043, in Syrien mehr als 3.553 Personen. Fast 85.000 Menschen wurden zudem in den beiden Ländern verletzt. Tausende weitere Todesopfer werden unter den eingestürzten Gebäuden befürchtet. In Hatay konnten Rettungsteams heute eine Sechsjährige nach 131 Stunden aus den Trümmern eines vierstöckigen Gebäudes befreien. Der Körper des mittlerweile gestorbenen Großvaters sei wie ein Schutzzelt über das Mädchen gebeugt gewesen, berichtete die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA). Die 27 Jahre alte Mutter des Kindes wurde am Freitag gerettet und in ein Krankenhaus in Mersin gebracht. Für zwei Geschwister des Mädchens kam jede Hilfe zu spät. Sie wurden nur noch tot geborgen.