Türkisches Gericht lehnt Freilassung von Kavala erneut ab

Ein Gericht in Istanbul hat die Freilassung des seit mehr als zwei Jahren inhaftierten Intellektuellen Osman Kavala erneut abgelehnt. Es bestehe dringender Tatverdacht und Fluchtgefahr, erklärten die Richter zur Begründung.

Ein Gericht in Istanbul hat die Freilassung des seit mehr als zwei Jahren inhaftierten Intellektuellen Osman Kavala erneut abgelehnt. Es bestehe dringender Tatverdacht und Fluchtgefahr, gaben die Richter am 30. Istanbuler Strafgerichtshof im Gefängniskomplex Silivri am Dienstag als Begründung an.

Das Gericht stellte sich damit erneut gegen eine bindende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der im Dezember die Freilassung Kavalas gefordert hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft Kavala und 15 weiteren Angeklagten des sogenannten „Gezi-Prozesses“ einen Umsturzversuch im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 vor. Kavala wird zudem beschuldigt, die Proteste mit ausländischer Hilfe finanziert zu haben.

Der EGMR hatte in seiner Entscheidung vom 10. Dezember aber darauf hingewiesen, dass für die Vorwürfe keine ausreichenden Beweise vorgelegt worden seien. Nach Auffassung der Straßburger Richter*innen sei die lange Untersuchungshaft darauf angelegt, Kavala zum Schweigen bringen.

Seit November 2017 ist der 62-jährige Unternehmer und Bürgerrechtler mittlerweile in der Türkei inhaftiert. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm und den weiteren Angeklagten, bei denen es sich um Akademiker, Architekten und Schauspieler handelt, eine lebenslange Haftstrafe

Beim Prozesstag am Dienstag kam es zwischenzeitlich zu Unruhen: Alle Anwälte verließen aus Protest den Saal, weil ihrer Forderung, das Richterteam auszutauschen, nicht stattgegeben wurde. Sie warfen dem Gericht Parteilichkeit vor. Kavala setzte seine Verteidigung daraufhin ohne Anwälte fort. Der Prozess wird am 18. Februar fortgesetzt.

Wer ist Osman Kavala?

Osman Kavala ist Gründer der Kulturstiftung Anadolu Kültür, mit der insbesondere Projekte von ethnischen und religiösen Minderheiten gefördert werden, oftmals mit internationaler Ausrichtung. Zu seinen Anliegen gehören unter anderem die Aussöhnung zwischen der türkischen und der armenischen Bevölkerung und eine friedliche Lösung der kurdischen Frage. Die Stiftung arbeitet auch mit mehreren deutschen Institutionen wie dem Goethe-Institut in Istanbul zusammen. Zudem ist Kavala als Sponsor von Amnesty International bekannt.