Die türkischen Behörden haben das Flüchtlingscamp an der EU-Außengrenze aufgelöst. Seit Donnerstag war die Räumung des großen Zeltlagers, das sich auf türkischer Seite des Grenzübergangs Pazarkule/Kastanies gebildet hatte, bereits im Gange. In der Nacht zum Freitag brachen dann an zahlreichen Stellen des Camps Brände aus. Einsatzkräfte der griechischen Seite wurden in Alarmbereitschaft versetzt, wie das griechische Staatsradio und Reporter vor Ort berichteten. Ein syrischer Flüchtling äußerte gegenüber Tagesschau, dass türkische Sicherheitskräfte die provisorischen Unterkünfte der Migranten zerstört hätten. Gegen ein Uhr nachts seien die Menschen von Soldaten aufgefordert worden, ihre Unterstände zu verlassen. „Und dann haben sie sie zerstört und angezündet. Es brannte lichterloh überall“. Zum Teil seien die Flüchtlinge mit Stöcken in bereitstehende Busse getrieben worden. Die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu schrieb unterdessen, die Migranten hätten wegen der Corona-Gefahr die Behörden um Rückkehrmöglichkeiten gebeten. Sie sollen an verschiedenen Orten in der Türkei unter Quarantäne gestellt werden, bevor sie an ihre letzten Wohnorte zurückkehren.
Dass die Räumung des Lagers im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie stand, berichten auch zahlreiche regierungskritische Onlinemedien. Zwei bestätigte Corona-Fälle unter den Migranten soll es bereits geben. Vor dem Hintergrund der prekären Zustände in dem Camp war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Infektionen auftreten.
Rund 4500 Migranten sollen aus dem Camp herausgebracht worden seien. Die Zahlen lassen sich allerdings nicht unabhängig überprüfen, da die türkischen Behörden das Gebiet für Außenstehende gesperrt haben. Informationen gibt es daher nur aus zweiter Hand. Inzwischen seien Planierraupen angerückt, um die Reste des Lagers zu beseitigen.
Die größtenteils aus Ländern des Mittleren Ostens geflüchteten Schutzsuchenden waren vor vier Wochen nach Pazarkule gekommen, nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan angekündigt hatte, dass die Grenzen nach Europa geöffnet seien. Viele, die zuvor in der Türkei lebten, hatten deshalb ihre Existenz aufgegeben.
Immer wieder hatten Migranten in Pazarkule versucht, die Grenze nach Griechenland zu überwinden. Dabei wurden sie von türkischen Soldaten unterstützt. Athen mobilisierte daraufhin die EU-Abschottungsagentur Frontex, um seine Grenze hermetisch abzuriegeln. Flüchtlinge, denen es dennoch gelungen war, den Grenzfluss zu überwinden, waren von den griechischen Sicherheitsbehörden umgehend wieder in die Türkei zurückgebracht worden. Griechenland hatte das zum Anlass genommen, das Asylrecht für einen Monat auszusetzen.