Türkei: Neue Variante der Wahlfälschung

Der Wahlausschuss der Türkei verweigert gewählten Kommunalvertretern die Anerkennung. Der Ko-Bürgermeister von Bağlar, Zeyyat Ceylan, erläutert im ANF-Interview die Hintergründe.

Der Hohe Wahlausschuss (YSK) in der Türkei verweigert gewählten Kommunalvertretern, die zuvor per Notstandsdekret aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden sind, die Anerkennung. Einer der Betroffenen ist Zeyyat Ceylan. Er war Lehrer und wurde in der Zeit des Ausnahmezustands in der Türkei aus dem Staatsdienst entlassen. Bei den Kommunalwahlen am 31. März wurde er mit einem überwältigenden Stimmenvorsprung zum Ko-Bürgermeister im Bezirk Bağlar in Amed (Diyarbakir) gewählt. Gegenüber ANF hat er sich zu den Geschehnissen geäußert.

Ceylan sagt, dass der Wahlausschuss ihm eine Falle gestellt hat: „Ich bin zusammen mit meiner Kollegin Zübeyde Zümrüt nach einer Vorabstimmung der Bevölkerung von Bağlar als Kandidat für das Bürgermeisteramt aufgestellt worden. Am 19. Februar haben wir unsere Kandidatur beim Wahlausschuss eingereicht.

Der YSK hat keine Hindernisse gesehen und unsere Kandidatur angenommen. Bis zum 31. März haben wir mit großer Begeisterung unseren Wahlkampf geführt. Wir sind mit 71 Prozent des Stimmenanteils von der Bevölkerung zu Bürgermeistern gewählt worden. Bis zum 4. April gab es kein Problem, aber dann haben die AKP-Kandidaten beim YSK die eigene Ernennung beantragt. Daraufhin hat der YSK beschlossen, den per Dekret entlassenen Personen die Ernennungsurkunde nicht auszuhändigen. Dabei handelt es sich um eine sehr geplante und politische Entscheidung.“

Rechtswidriger Erlass des Wahlausschusses

Der Beschluss des YSK ist rechtswidrig, erklärt der gewählte Bürgermeister: „Wir werden uns sowohl an das Verfassungsgericht als auch an das europäische Menschenrechtsgericht wenden. Wir fordern die Einhaltung der Gesetze. Auch das Justizministerium müsste intervenieren. Wir werden uns bis zum Letzten für den Willen und die Rechte des kurdischen Volkes einsetzen.“

Juristisch liegt kein Hindernis gegen ihn vor, stellt Ceylan fest. Aus diesem Grund habe der YSK diese neue Methode zur Anwendung gebracht. In Kurdistan herrsche ein ständiger Ausnahmezustand: „Im Wahlkampf haben wir gesehen, dass für die Kurden immer Ausnahmezustand ist. Bis zum Wahltag ist der politische Vernichtungsfeldzug gegen unsere Partei fortgesetzt worden. Der Staat und seine Institutionen können den Willen der Bevölkerung trotzdem nicht unterdrücken. Die Türkei und Kurdistan haben gewonnen, der Faschismus hat eine Niederlage erlitten. Die AKP ist seit 17 Jahren an der Macht und jetzt erstmalig in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Das Volk rüttelt an der Macht und die AKP sucht nach einem Ausweg, um an der Macht bleiben zu können. Aus diesem Grund werden die HDP und die Kurden angegriffen.“

„Wir lassen unser Volk nicht im Stich“

Ceylan betont, dass die HDP große Erfolge bei den Wahlen erzielt hat: „In Şırnak, Uludere, Şemdinli, Çukurca und den Bezirken in Urfa kann man nicht wirklich von Wahlen sprechen. In diesen Regionen haben Soldaten und Polizisten die Wahlen bestimmt. Şırnak und viele weitere Bezirke sind in geplanter Form vom Militär eingenommen worden. Wir werden unser Volk nicht im Stich lassen und zusammen eine Reihe von Aktionen starten. Wir werden demokratisch kämpfen und auch juristisch vorgehen. Unser Widerstand wird in allen Bereichen weitergehen. Die AKP-Kandidaten vertreten die Bevölkerung ebenso wenig wie die zuvor eingesetzten Zwangsverwalter.“