Seit Mitternacht gilt in der Türkei eine Ausgangssperre für Menschen, die über 65 Jahre alt sind oder unter chronischen Erkrankungen leiden. Die Anzahl der Todesfälle in der Corona-Pandemie ist nach offiziellen Angaben auf 21 gestiegen, 947 Infektionen wurden festgestellt.
Unterdessen wird die Forderung nach Freilassung der Gefangenen in der Türkei immer lauter. Laut Justizministerium befanden sich mit Stand vom Januar 294.000 Menschen in den insgesamt 355 Haftanstalten. Etwa 11.000 davon sind Frauen, 3100 sind Jugendliche. 780 Kinder im Alter unter sechs Jahren sind mit ihren Müttern im Gefängnis.
Obwohl die Kapazitäten der türkischen Haftanstalten weiter ausgebaut wurden, gibt es immer noch eine extreme Überlegung von ungefähr 66.000 Untersuchungs- und Strafhäftlingen. Ein Infektionsschutz ist unter diesen Umständen nicht möglich. Nach Angaben des Menschenrechtsvereins IHD aus 2019 sind 457 Gefangene so schwer krank, dass ohnehin eine Haftunfähigkeit vorliegt.
„Diese schwer erkrankten Gefangenen können sich nicht selbst versorgen und bekommen keine angemessene ärztliche Behandlung. Über diese Verletzung ihres Rechts auf Leben hinaus gehören sie zur Hochrisikogruppe“, erklärt Fatin Kanat vom IHD Ankara. „In einer Zeit, in der die gesamte Gesellschaft zur sozialen Isolation angehalten wird, können nicht 300.000 Menschen unter diesen Bedingungen eingesperrt bleiben.“
In der Türkei ist die Evakuierung der Gefängnisse wegen der Corona-Pandemie in der Diskussion. Fatin Kanat erklärt dazu: „Die AKP hat angekündigt, die Meinung der anderen politischen Parteien dazu zu erfragen. Offensichtlich findet eine Vorbereitung auf eine teilweise Entlassung der Gefangenen und eine Verbesserung des Vollzugs statt. Hoffnung ist für uns ein unverzichtbarer Begriff. Aber wir können unsere Hoffnung nicht von den Schritten abhängig machen, die eventuell von der AKP vollzogen werden.“