Tübingen: Solidaritätsveranstaltung für Erdbebenopfer
„Solidarität ist die stärkste Waffe der Völker“ – Das Aktionsbündnis Erdbebenhilfe hat in Tübingen zum Jahrestag des Erdbebens vom 6. Februar 2023 eine Benefizveranstaltung organisiert.
„Solidarität ist die stärkste Waffe der Völker“ – Das Aktionsbündnis Erdbebenhilfe hat in Tübingen zum Jahrestag des Erdbebens vom 6. Februar 2023 eine Benefizveranstaltung organisiert.
Anlässlich des Jahrestages des schwerwiegenden Erdbebens vom 6. Februar 2023 im türkisch-syrischen Grenzgebiet fand am Dienstag in Tübingen eine Benefizveranstaltung für die Betroffenen des Bebens statt. Auf Initiative des Integrationsrats der Vereine rund um Tübingen sowie der Stadt Tübingen wurde ein Aktionsbündnis Erdbebenhilfe gebildet, das diese Benefizveranstaltung organisierte, um Spenden für die Menschen im Erdbebengebiet zu sammeln. In den Erdbebengebieten in Kurdistan, der Türkei und Syrien leben immer noch viele Menschen unter unwürdigen Bedingungen und leiden unter den schweren Folgen.
„Der Wiederaufbau wird Jahre oder gar Jahrzehnte andauern, die Betroffenen sind auf unseren Beistand und unsere Solidarität angewiesen. Um das Schicksal der Menschen in den betroffenen Gebieten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wurde diese Aktion ins Leben gerufen. Mit großem Engagement und eigenen Spenden haben die Vereine für ein umfangreiches Programm gesorgt und vielen Betroffenen Raum gegeben, um gehört zu werden“, erklärte eine Teilnehmerin der Veranstaltung.
Die Moderation des Abends erfolgte durch Mihriban Sahin, die nochmals betonte, wie wichtig dieser Zusammenhalt und das Aufzeigen von Solidarität sei. Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit einer Rede von Herrn Caliskan und einem Video mit berührenden Fotos und Ereignissen aus den Gebieten, die vom Erdbeben betroffen sind. Daraufhin folgten zwei Gesangseinlagen eines Mitglieds des kurdischen Vereins, dessen Familie auch betroffen ist, und eine Schweigeminute, um an all jener zu gedenken, die an den Folgen des Bebens gestorben sind. Auch der Sprecher des Integrationsrat, Deniz Tekin, teilte sein Mitgefühl und sprach ein paar Worte zum Ereignis. Als Lehre nahmen die Anwesenden den Spruch „Solidarität ist die stärkste Waffe der Völker“ mit.
Auch der Baudezernent Cord Soelhke sprach ein Grußwort und sein Mitgefühl aus. Er sei genauso wie viele andere sehr berührt von diesem Abend und dem Engagement der Vereine und des Integrationsrates. Für ihn sei es keine Frage gewesen, diese Veranstaltung sofort zu genehmigen, er stehe mit Stärke und Solidarität hinter diesem Projekt.
Im Laufe des Abends wurden Berichte von allen beteiligten Vereinen vorgetragen und die aktuelle Lage analysiert. Projekte wurden vorgestellt sowie Videos und Fotos des Geschehnisses aufgezeigt.
Das Demokratische Kurdische Gesellschaftszentrum Reutlingen-Tübingen e.V. brachte in einer Rede das eklatante Versagen des türkischen Staates zum Ausdruck. Zudem wurde ein Gedenktisch mit Kerzen und Bilder aufgestellt. „Während das Erdbeben eine Naturkatastrophe war, war die Höhe der Todesopfer politisch verursacht. Und das müssen wir leider, auch wenn diese Erkenntnis Wut in uns auslöst, akzeptieren und verstehen. Das sind auch nicht unsere Worte, sondern die Worte der Menschen, die ihre Liebsten unter den Trümmern verloren haben“, erklärte die Sprecherin Gülistan und sagte weiter:
„Durch fehlende Kontrollen beim Bau, den korrupten Schulterschluss zwischen der Regierung und den Baufirmen und die verspäteten und unzureichenden Rettungsarbeiten starben unzählige Menschen unter den Trümmern. Hilfe aus der Zivilgesellschaft wurde durch die Regierung blockiert. Viele haben bis heute unzureichend Hilfe erhalten. So wurde das Gedenken in der Nacht zum 6. Februar 2024 in Hatay, Gurgum (tr. Maraş), Semsûr (Adıyaman), Meletî (Malatya), Kilis, Osmaniye, Adana, Dîlok (Antep), Amed (Diyarbakır) und Riha (Urfa) auch zu einem Zeichen des Protests.
Wir sind heute aber auch deswegen zusammengekommen, um voneinander zu lernen. Denn die Erdbebenopfer haben uns trotz der Schmerzen und der Trauer gezeigt, dass man diese Emotionen, also die kollektive Trauer, auch in Stärke und Widerstand umwandeln kann. Diese Menschen haben trotz der zahlreichen Verluste am 21. März 2023 das ihnen so wichtige Neujahrsfest Newroz gefeiert, weil das ein Fest ist, das sie an ihre Liebsten erinnert.
Diese Menschen haben trotz der Schmerzen und Verluste innerhalb kürzester Zeit Kooperativen aufgebaut, um sich gegenseitig zu unterstützen. Sie haben Krisenkomitees organisiert, um ankommende Hilfsgüter an alle gerecht zu verteilen. Diese Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft haben sich in den Erdbebengebieten trotz kaum vorhandener medizinischer Versorgung, Hygiene oder einer Unterkunft zusammengeschlossen und einander geholfen. Natürlich haben sie sich auch in dieser Zeit politisiert und gemerkt, dass es am Ende die eigene Kraft ist, also die Kraft der Gesellschaft, die einem wirklich Sicherheit und Geborgenheit geben kann.
Heute können wir alle von diesen Menschen lernen und uns die Frage stellen, wie wir sie ein Stück weit das Vertrauen in internationale und humanistische Solidarität spüren lassen können. Heute ist ein solcher Tag, an dem wir sie das spüren lassen können. Für uns ist der heutige Abend vielleicht einer von vielen, aber für diese Menschen ist der heutige Abend ein Tag, an dem sie nicht vergessen wurden. Denn heute haben wir einen weiteren Ort des Gedenkens geschaffen und das über ihre Landesgrenzen hinweg.“
Ebenso gab es auf der Veranstaltung ergreifende Musikbeiträge der kurdischen Sängerin Zeynep Ehnas mit ihrer Gruppe, die mit ihren Liedern viele Menschen berührten. Den Abschluss des Abends machte die Band Ugarit.
Durch die Beteiligung des Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrums Reutlingen-Tübingen, der Alevitischen Gemeinde Tübingen und Umgebung, AL-KALEMA und vielen mehr kam es an diesem Tag zu einigen Spenden, womit nun vielen Betroffenen des Erdbebens geholfen werden kann. Vor allem aber war es ein Zeichen der Solidarität und des Gedenkens, das so viele verschiedene Menschen zusammengebracht hat, um zu erinnern.