Gegen die Präsidentin der Ärztekammer der Türkei (TTB) und den gesamten Vorstand der Berufsvereinigung wurde ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation eingeleitet. Die Repression gegen die Ärztekammer hat sich verschärft, nachdem deren Präsidentin Şebnem Korur Fincancı eine unabhängige Untersuchung der türkischen Chemiewaffeneinsätze gegen die kurdische Guerilla gefordert hatte und deswegen Ende Oktober inhaftiert worden war. Sie wurde wegen Terrorpropaganda angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert sieben Jahre und sechs Monate Haft für Fincancı.
Nun kommt für Fincancı ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen mitgliedschaftlicher Betätigung in einer „terroristischen“ Vereinigung hinzu. Worum es dabei geht, ist unbekannt, denn die Staatsanwaltschaft verhängte eine Geheimhaltungsverfügung über das Ermittlungsverfahren. Offenbar werden die Ermittlungen gegen alle Mitglieder des Vorstands der TTB vom gleichen Staatsanwalt wie beim aktuellen Verfahren gegen Fincancı betrieben.
Der türkische Verteidigungsminister hatte zuvor die Forderungen nach Untersuchung der Chemiewaffeneinsätze abgewiesen und die Kritiker:innen mit den Worten angegriffen: „Unsere Nation wird diejenigen, die den türkischen Streitkräften den Einsatz von Chemiewaffen unterstellen, diejenigen, die zu diesen Verleumdungen stehen, und diejenigen, die in das Horn der Terroristenchefs blasen, niemals verzeihen. Türken und Kurden sind Geschwister.“