Newroz in Frankfurt: Imrali-Tor öffnen, gerechten Frieden fördern

Die zentrale Newroz-Feier in Frankfurt war eine beeindruckende Abstimmung mit den Füßen für Demokratie und Frieden in Kurdistan sowie die Anerkennung der kurdischen Community in Deutschland.

Die zentrale Newroz-Feier in Frankfurt war eine beeindruckende Abstimmung mit den Füßen für Demokratie und Frieden in Kurdistan sowie die Anerkennung der kurdischen Community in Deutschland. Zehntausende Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet fanden sich dazu auf dem Rebstockgelände ein, wo neben einer Hauptbühne zahlreiche Zelte aufgebaut waren. Die Polizei sprach von 17.000 Teilnehmenden, das Organisationskomitee von mindestens doppelt so vielen. Es gab Livemusik, ausgiebige Tänze und politische Reden. Gewidmet wurde die vom Dachverband KON-MED und den Mitgliedsverbänden ausgerichtete Veranstaltung der Freiheit von Abdullah Öcalan und allen politischen Gefangenen. „Wir Kurdinnen und Kurden in Deutschland möchten Newroz 2022 zum Anlass nehmen, unsere Position gegen Kriege und unser Lösungskonzept für Frieden zum Ausdruck zu bringen“, hieß es aus den Reihen der Organisatoren. Von Seiten der Feiernden gab es lauten Beifall und unterstützende Parolen.

Zümrüt: Öcalan ist Schlüssel zur Demokratisierung

Warum das diesjährige Newroz dem seit 1999 in einem türkischen Inselgefängnis isolierten Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung gewidmet wurde, fasste Zübeyde Zümrüt als Ko-Vorsitzende von KON-MED mit folgenden Worten zusammen: „Ohne die Lösung der kurdischen Frage können viele Probleme in der Türkei und im Nahen Osten nicht gelöst werden. Abdullah Öcalan hat als einziger einen umfassenden Lösungsvorschlag, um Frieden in der Region zu erreichen. Er gilt als Schlüssel für die Demokratisierung zahlreicher Länder in Mittelost, die sich auf andere Teile der Welt positiv auswirken wird. Deshalb müssen die Tore Imralis geöffnet werden. Nur das Ende der Isolation und die Rückkehr an den Verhandlungstisch können Demokratie, Frieden, eine gerechte Lösung der kurdischen Frage und die Beendigung zahlreicher Konflikte in der Region fördern.“

Sever: PKK-Verbot aufheben!

Im Anschluss sprach mit Engin Sever der männliche Pendant Zümrüts in der genderparitätischen Doppelspitze des Dachverbands. Sever thematisierte das 1993 erlassene Betätigungsverbot für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), das in den vergangenen Jahrzehnten beständig um weitere Verbote von Organisationen und Symbolen erweitert worden ist und bis heute die Grundlage für eine umfassende Kriminalisierung politischer Aktivitäten bildet. „Das PKK-Verbot muss weg, weil es unsere Grundrechte einschränkt. Zudem ist es ein offenes Hindernis für eine friedliche Transformation des Kurdistan-Konflikts“, so der Politiker. Als eine der größten migrantischen Gruppen in Deutschland müsse die Bundesregierung der kurdischen Community endlich Anerkennung zuteil werden lassen. Noch immer würden Kurd:innen nationalstaatlich subsumiert, was ihnen in Bezug auf zahlreiche Rechte vor große Herausforderungen stelle. Weitere Kritik an der „Kurden-Politik der Bundesregierung“ äußerte Sever an deutschen Rüstungsexporten an die Türkei. Bei etlichen Massakern des türkischen Staates in Kurdistan seien deutsche Waffen eingesetzt worden, zuletzt in den Guerillagebieten in Südkurdistan. „Das darf nicht geschehen, Deutschland muss die Waffenverkäufe an Diktaturen einstellen. Wir Kurdinnen und Kurden sind heute hier, um unsere Willenskraft für eine bessere Zukunft und ein Leben in Freiheit und ohne Krieg zu demonstrieren.“

Imret: Öcalans Newroz-Deklaration zeigt Weg zu Frieden auf

Leyla Imret, Ko-Sprecherin der Europavertretung der Demokratischen Partei der Völker (HDP), machte deutlich, dass ihre Partei an den Inhalten der 2013 von Abdullah Öcalan abgegebenen Newroz-Deklaration festhält: Der Forderung nach einem gerechten Frieden. Damals fand ein Lösungsprozess zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Bewegung statt, der 2015 von Recep Tayyip Erdoğan einseitig beendet wurde. „Seit der Verhandlungstisch damals umgeworfen wurde, haben die Entwicklungen einen Verlauf angenommen, dessen Preis sehr hoch ist. Auf die Forderungen des kurdischen Volkes nach Frieden und Demokratie reagierte der Staat mit der Zerstörung von Städten wie Cizîr, Sûr und Nisêbîn. Es folgte die Besatzung von Rojava, die Zerschlagung der demokratischen Kommunalpolitik und die Einführung der Zwangsverwaltung. Statt sich am Weg zum Frieden zu orientieren, den Öcalan 2013 aufgezeigt hat, setzt der türkische Staat weiterhin auf die Politik der Verleugnung und Vernichtung. Daher fordern wir, dass sich das Tor von Imrali öffnet. Nur das Paradigma von Abdullah Öcalan kann die Region zu Frieden, Freiheit und Demokratie führen“, sagte Imret.

Musikalisch wurde der Tag begleitet von Naser Rezazî, Şehrîbana Kurdî, Koma Bajar, Hozan Dîno, Xecê, Sherif Omerî und Koroya Dengê Mezopotamya.