Die Einsetzung des Erdoğan-Günstlings Melih Bulu als Rektor der renommierten Boğaziçi-Universität in Istanbul stellt einen massiven Angriff auf die akademische Freiheit dar. Studierende und Lehrende protestieren seit Wochen gegen diese Maßnahme. Der Staat fühlt sich von der Protestbewegung bedroht und versucht, den Widerstand im Keim zu ersticken. Nun solidarisieren sich 3.317 Intellektuelle aus der ganzen Welt mit dem Widerstand von Boğaziçi und fordern den Rücktritt Bulus.
In einer Erklärung, die von Persönlichkeiten wie Judith Butler, David Harvey und Noam Chomsky unterzeichnet wurde, heißt es, die türkische Regierung „untergräbt weiterhin die Rechte und Freiheiten des Einzelnen sowie das Prinzip der Autonomie von Universitäten und Bürgerorganisationen“. Die Ernennung von Melih Bulu zum Rektor der Boğaziçi-Universität durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sei ein Versuch, die Universität „unter seine Kontrolle“ zu bringen. Doch dies habe „weit verbreitete Proteste von Fakultäten und Studierenden ausgelöst“, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Folter, Nacktdurchsuchungen und Hassrede gegen LGBTI+
In dem Appell heißt es weiter: „Die Reaktion der Regierung war brutal. Erdogan hat die Studierenden als ‚Terroristen‘ bezeichnet, und insbesondere LGBTI+Studierende wurden zur Zielscheibe von Hassreden.“ In der Erklärung wird darauf angespielt, dass Innenminister Süleyman Soylu die Protestierenden als „Perverse“ bezeichnete. Weiter kritisieren die Akademikerinnen und Akademiker: „Die Polizei hat Hausdurchsuchungen mit gezogenen Waffen durchgeführt, Demonstrierende nackt durchsucht und gefoltert.“
Wir solidarisieren uns mit den Studierenden
Die Erklärung schließt mit den Worten: „Wir, die Unterzeichnenden, verurteilen diese Aktionen und solidarisieren uns mit den Studierenden und Fakultäten der Boğaziçi-Universität. Wir fordern Professor Bulu auf, die Position abzulehnen, und wir fordern die türkische Regierung auf, alle noch inhaftierten Studierenden freizulassen, alle Anklagepunkte zurückzuziehen und die akademische Freiheit und die Autonomie der Universitäten zu respektieren."