Am 15. Februar jährt sich das internationale Komplott, durch das Abdullah Öcalan auf die Gefängnisinsel Imrali verschleppt wurde, zum 23. Mal. Der in der Anwaltskammer Istanbul organisierte Feysi Çelik berichtet im ANF-Gespräch von einem speziellen System des Unrechts, das auf Imrali installiert wurde. Der Weg zur Beendigung der sich auf das ganze Land ausbreitenden Isolationspolitik sei nur durch die Ausweitung des demokratischen Kampfes gangbar. Çelik unterstreicht, dass die Wirkung der speziell für Imrali erlassenen Gesetze nicht auf Abdullah Öcalan beschränkt sei, sondern zunehmend gegen Kurd:innen und gegen alle diejenigen eingesetzt werden, die ihre Grundrechte ausüben wollen.
Kurdische Sprache auf Imrali verboten
Der Anwalt erklärt zum auf Imrali herrschenden und auf geheimen Regelungen beruhenden Spezialregime: „Abdullah Öcalan wurde gezwungen, mit seinem Rechtsbeistand und seinen Verwandten Türkisch zu sprechen. So war es Abdullah Öcalan verboten, mit seinen Geschwistern Kurdisch zu sprechen, obwohl er jahrelang mit ihnen in seiner Muttersprache redete. Außerdem gibt es [auf Imrali] nicht wie in anderen Gefängnissen das Recht, mit Verwandten oder drei ausgewählten Personen zu telefonieren. Um diese Regelung aufzuheben, wandte man sich an den Staatsrat, aber dieser beschloss den Antrag entgegen geltendem Recht abzuweisen.“
„Die Dimension der Diskriminierung ist gewaltig“
Çelik beklagt, der Staat missachte Verfassung, Gesetz und internationales Recht und setze seine unrechtmäßigen Praktiken immer weiter fort: „Betrachtet man die Verbote, die Gesetzen und Vorschriften widersprechen, wird deutlich, wie groß das Ausmaß der Diskriminierung ist. Die Fortsetzung dieser eng mit der kurdischen Frage verflochtenen Situation macht die Perspektive des Staates deutlich.“
„Auf seinen Tod zu warten ist Folter“
Zu Zeiten, als sich noch die Todesstrafe im Gesetz befunden habe, musste diese vom Parlament bestätigt werden. Wurde sie nicht bestätigt, dann musste die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt werden. Çelik sagt dazu: „Diejenigen, die eine bestimmte Zeit abgesessen haben, konnten von einer Entlassung unter Auflagen profitieren. Zu diesem Zeitpunkt [bei der Verhängung der Todesstrafe gegen Öcalan, die dann in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde] gab es nach dem Gesetz keine Strafe wie eine erschwerte lebenslange Haftstrafe. Da Strafen nicht rückwirkend nach Änderung der Gesetzeslage gegen eine Person angewandt werden dürfen, wäre es nicht möglich, diese Regelung gegen Öcalan oder Menschen in einer vergleichbaren Situation anzuwenden. Alle Formen der Diskriminierung sind im Rahmen des Strafvollzugs verboten und grausames, unmenschliches, erniedrigendes und entwürdigendes Verhalten darf bei der Durchführung von Bestrafungs- und Sicherungsmaßnahmen nicht stattfinden. In diesem Sinne bedeutet es nichts anderes als Folter, wenn eine Person nicht das Recht auf soziale Kontakte hat, ihr das Recht auf Hoffnung auf Freiheit, die Möglichkeit der Überprüfung der Strafe entzogen wird, und sie einzig allein auf ihren Tod in der Haft warten muss.“
„Politische, keine juristischen Gründe“
Der Anwalt betont, die Isolation Öcalans sei vollkommen politisch motiviert: „Öcalan ist eine politische Person und hat eine wichtige politische Position inne. Er wird isoliert und so daran gehindert, seine Rolle zu spielen. Trotz der großen Isolation hat Öcalan nichts von seiner Bedeutung verloren. Öcalans Perspektiven sind bekannt, sie haben enormes Gewicht.“
Çelik schließt mit den Worten: „Er gibt seit elf Monaten keine Nachricht mehr von ihm. Auch die zuständigen Ministeriumsbeamten haben sich nicht dazu geäußert. So wie die Dinge stehen, gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Isolation aufgehoben werden könnte. Darüber hinaus würde die Aufhebung, nur damit Öcalan seine politische Rolle spielen kann, nicht ausreichen. Denn sein Recht auf Freiheit und Sicherheit muss gewährleistet werdet. Die Isolation, die Öcalan auferlegt wurde, kann nicht getrennt von der Isolation behandelt werden, die der kurdischen Gesellschaft und den demokratischen Sektoren auferlegt wurde. Es ist notwendig, den demokratischen Kampf zu verstärken.“