Auf dem im Zentrum der nordkurdischen Stadt Sêrt (türk. Siirt) gelegenen Zevye Friedhof befinden sich 14 Gräber im Bereich für „Personen ohne Angehörige“. Nach den der Nachrichtenagentur MA vorliegenden Daten gehören die Gräber bei Gefechten in den vergangenen Monaten gefallenen Guerillakämpfer*innen. Auf den Grabsteinen steht nur eine Nummer und das Todesdatum. Auch wenn die Behörden immer wieder die Angehörigen anrufen und sie auffordern, die Leichen abzuholen, wurden diese in keinem Fall letztendlich übergeben.
„Das Ziel ist es, die Familien zu quälen“
Leyla Özalp vom Verein der Familien der Gefallenen in Sêrt sprach mit MA über die furchtbaren Erfahrungen, welche die trauernden Familien mit den Behörden machen mussten: „Die Familien werden vorgeladen, aber es werden nicht einmal DNA-Tests gemacht. Die Leichen bleiben drei Tage in der Leichenhalle liegen und werden dann im Bereich für Personen ohne Angehörige anonym verscharrt. Dabei geht es darum, die Familien zu quälen. Manchen Familien werden zerstückelte Leichen gezeigt. Anderen sagen sie, ‚kommt, holt eure Leiche‘ und dann, wenn sie da sind, sagen sie, ‚das ist nicht eure‘, und machen sich lustig über die Angehörigen.“
60 Familien vorgeladen, keine Leiche übergeben
Nach diesem Muster wurden über sechzig Familien vorgeladen und wieder weggeschickt, berichtet Özalp und fährt fort: „Keiner dieser Familien wurden die Leichen ihrer Angehörigen übergeben. Sie wollen die Familien durch ihren Umgang mit den Toten fertig machen. Sie rufen Familien in Gever, Riha, Êlih, Wan und Adana an und stören sie in der Bewältigung ihrer Trauer.“
„Drei zerfetzte Leichen in einem Sack verscharrt“
Özalp berichtet, dass manche der Familienangehörigen angesichts der zerfetzten Körper, die ihnen in der Leichenhalle vorgeführt werden, traumatisiert sind. Familien berichten, dass die Teile von drei Körpern in einem schwarzen Sack im gleichen Grab verscharrt worden seien. Özalp appelliert an die Öffentlichkeit, sensibel auf diese „Grausamkeiten“ zu reagieren.