Erdoğan macht Rückzieher: „Sie werden vorsichtiger sein“
Noch am Wochenende drohte Erdoğan mit der Ausweisung westlicher Botschafter. Nun macht er einen Rückzieher – und erklärt sich trotzdem zum Sieger.
Noch am Wochenende drohte Erdoğan mit der Ausweisung westlicher Botschafter. Nun macht er einen Rückzieher – und erklärt sich trotzdem zum Sieger.
Noch am Wochenende hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in gewohnt harscher Manier mit der Ausweisung westlicher Botschafter gedroht. Nun rückt er davon ab. Die betroffenen Diplomaten hätte ihre Lektion gelernt, tönte der Staatschef im Anschluss an eine Kabinettssitzung und erklärte sich zum Sieger.
Die Botschafter hätten „einen Rückzieher gemacht“ und „werden in Zukunft vorsichtiger sein“, sagte Erdoğan am Abend in Ankara. Von der angedrohten Einstufung als „persona non grata“ wurde Abstand genommen. „Unsere Absicht war nicht, eine Krise zu verursachen. Es sei nur darum gegangen, die souveränen Rechte der Türkei zu schützen. „Aber wer die Unabhängigkeit unseres Landes und die Befindlichkeiten unserer Nation nicht respektiert, hat in diesem Land nichts zu suchen. Titel spielen keine Rolle“, so Erdoğan weiter. Diese Haltung stelle „eine große Beleidigung“ für alle Mitglieder der Justiz – einschließlich Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte – dar.
Zuvor hatten die US-Botschaft und andere betroffene Botschaften auf Twitter eine Erklärung veröffentlicht, wonach sie sich gemäß der Wiener Konvention daran halten, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Gastlandes einzumischen. Die deutsche Botschaft teilte die Stellungnahme auf Twitter. Die Initiative wird von Kritiker:innen als „Einknicken vor dem Autokraten“ und Beihilfe zur Missachtung von Menschenrechten gewertet.
Eklat wegen Solidarität mit Osman Kavala
Erdoğan hatte am Wochenende für einen Eklat gesorgt, indem er ankündigte, zehn westliche Botschafter zu „unerwünschten Personen“ erklären zu lassen – aus Protest gegen deren Solidaritätsbekundung mit dem seit vier Jahren ohne Verurteilung inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala. Auf die auch als „persona non grata“ bekannte Einstufung folgt in der Regel die Ausweisung. Betroffen sind Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Niederlande, Schweden, Kanada, Norwegen, Neuseeland und die USA.
HDP: Ausdruck der Inkonsistenz der türkischen Außenpolitik
Die HDP-Spitze aus Pervin Buldan und Mithat Sancar sieht im Botschafterstreit eine künstliche Krise, mit der sich das türkische Regime zu retten und die reale Krise zu verschleiern versuche. Das Vorgehen Erdoğans sei „Ausdruck der Inkonsistenz der türkischen Außenpolitik und ein Mittel, zu dem Länder normalerweise selbst im Krieg selten greifen“ und widerspreche den Interessen der Bevölkerung des Landes, kritisierte das Duo.