Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will sofort nach dem Jahreswechsel Abschiebungen nach Syrien durchsetzen. Mit dem Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei abgesprochen, dass ab dem 1. Januar jeder einzelne Fall genau geprüft und versucht werde, eine Abschiebung zu ermöglichen, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag”.
Zur Begründung sagte der CSU-Politiker, wenn man nicht handele, bedeute das doch, dass man sich in Deutschland alles erlauben könne - „vom Ladendiebstahl bis zum Totschlag”. Einen solchen „Freibrief” dürfe es in einem Rechtsstaat nicht geben. Wer schwer straffällig werde oder die Verfassung mit Füßen trete, müsse Deutschland wieder verlassen, so Seehofer. Der generelle Abschiebestopp für Syrien läuft zum Jahresende aus. Die Innenminister von Bund und Ländern konnten sich nicht darauf einigen, ihn zu verlängern. Jeder Abschiebung soll eine Einzelfall-Prüfung zu den Risiken für die Betroffenen vorausgehen.
Scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Menschenrechtsorganisationen hatten Abschiebungen nach Syrien zuletzt scharf kritisiert – auch, weil der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion Thorsten Frei von Rückführungen in die illegale türkische Besatzungszone in Nordsyrien sprach. In einem gemeinsamen Aufruf wiesen der Paritätische Gesamtverband, Pro Asyl, Medico International, der Landesflüchtlingsrat und weitere Organisationen darauf hin, dass in Syrien flächendeckend und systematisch gefoltert werde. Dies zeige auch der laufende Prozess gegen ehemalige Mitarbeiter syrischer Geheimdienste am Oberlandesgericht Koblenz.
Medico International: Tabubruch
Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international warnte vor einem Tabubruch. „Wer populistisch von kriminellen Syrern und ihrer Abschiebung spricht, muss aber auch den politischen Preis benennen, den das kosten würde. Dazu würde die Kooperation mit einem Repressionsregime unter Machthaber Assad zählen, das geschätzt 150.000 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert, getötet oder verschwinden lassen hat”, sagte Till Küster, Nahost-Koordinator bei medico international. Die Debatte um Abschiebungen nach Syrien konterkariere außerdem die positiven Entwicklungen in der juristischen Aufarbeitung der syrischen Diktatur.