Die Schweiz will Abdulkerim (25) und Ahmet Talli (32) in die Türkei abschieben. Die beiden Brüder sind vor vier Jahren aus dem Camp Mexmûr in Südkurdistan in die Schweiz gekommen und haben politisches Asyl beantragt. Zurzeit leben sie in einer Unterkunft in Aarau.
Die Familie stammt aus dem Dorf Mijîn (türk. Akduman) in der nordkurdischen Provinz Şirnex (Şırnak) und musste 1994 wie Tausende weitere Menschen die Türkei verlassen. Nach der Flucht ließ sie sich schließlich in Mexmûr nieder. Auch dort blieb sie nicht von den Angriffen des türkischen Staats verschont, deshalb machten sich Abdulkerim und Ahmet Talli auf den Weg nach Europa.
Vor etwa drei Jahren wurden sie zur Polizei in Aarau vorgeladen und von einem türkischstämmigen Beamten zu ihrer Fluchtroute befragt. Ein Dolmetscher wurde den beiden Kurden nicht zur Verfügung gestellt, sie mussten mit dem Polizisten Türkisch sprechen. Der Beamte sagte ihnen, dass in Mexmûr nur Terroristen leben. Das Asylgesuch wurde vor einem Monat abgelehnt, das Gericht ordnete eine Abschiebung in die Türkei an, die spätestens am 24. Dezember erfolgen soll.
In der Türkei sind die Talli-Brüder bei keiner Behörde registriert. Eine Abschiebung in das Land, aus dem die Familie vor 26 Jahren geflohen ist, bedeutet für sie den Tod, wie Abdulkerim Talli sagt: „Wir haben jahrelang unter dem türkischen Staat gelitten. Zwei unserer Onkel und zwei Cousins sind gefallen. Der türkische Staat hat Dutzende Menschen aus meiner Familie ermordet. Und dorthin will uns die Schweiz jetzt ausliefern. Für mich bedeutet die Auslieferung den Tod.“
Rechtsanwalt Hüsnü Yilmaz, der die Brüder vertritt, bezeichnet die Ablehnung des Asylgesuchs als rechtswidrig und will einen Neuantrag stellen. Der Fall hat auch die Öffentlichkeit in der Schweiz erreicht, das Staatssekretariat für Migration (SEM) wird mit einer Online-Petition dazu aufgefordert, den Justizirrtum zu korrigieren und die Abschiebung zu stoppen.