Schwedin wegen Völkermord an Ezid:innen verurteilt

In Schweden ist der erste Prozess wegen Völkermordes an der ezidischen Gemeinschaft mit einem Urteil zu Ende gegangen. Die IS-Anhängerin Lina Laina Ishaq wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Zwölf Jahre Gefängnis

In Schweden ist der erste Prozess wegen Genozids an der ezidischen Gemeinschaft mit einem Urteil zu Ende gegangen. Die heute 52-jährige Lina Laina Ishaq wurde von einem Gericht in Stockholm wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwerer Kriegsverbrechen in Tateinheit mit Mitgliedschaft in der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Der gebürtigen Irakerin, die schwedische Staatsbürgerin ist und vom Christentum zum Islam konvertierte, war vorgeworfen worden, neun ezidische Frauen und Kinder festgehalten und schwerem Leid, Folter oder anderer unmenschlicher Behandlung ausgesetzt zu haben. Ihre Verbrechen soll sie von August 2014 bis Dezember 2016 in Raqqa begangen haben, der ehemaligen Hauptstadt des selbsternannten IS-Kalifats in Nordsyrien.

Nach den Feststellungen des Gerichts handelte es sich bei Ishaqs Opfern um drei Erwachsene und sechs Minderjährige, die von der Angeklagten als „Sklaven“ ausgebeutet wurden. Durch die dabei verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen habe die Dschihadistin im Sinne der IS-Ideologie zielgerichtet einen Beitrag dazu leisten wollen, die ezidische Religion, das Ezidentum als solches und dessen Angehörige vollständig zu vernichten.

Am 3. August 2014 überfiel der IS die Şengal-Region im Irak mit dem Ziel, eine der ältesten Religionsgemeinschaften auszulöschen: Die Ezidinnen und Eziden. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen und der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Etwa 10.000 Menschen fielen laut Schätzungen Massakern des IS zum Opfer, mehr als 400.000 weitere wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, bis heute werden rund 2.500 von ihnen vermisst. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Femizid dar.


Ließ Sohn als Kindersoldaten rekrutieren

Lina Laina Ishaq befindet sich bereits im Gefängnis. 2022 war sie zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil sie zuließ, dass ihr 2001 geborener Sohn als Kindersoldat für den IS rekrutiert wurde. 2017 soll sie Raqqa kurz nach dem Tod des Jungen verlassen haben und von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) festgenommen worden sein. Von dort aus floh sie in die Türkei und wurde schließlich nach Schweden ausgeliefert. Die Stockholmer Staatsanwaltschaft hatte 16 Jahre Haft für die Frau gefordert. Dass das Gericht unter dieser Forderung blieb, begründete der Richter mit der früheren Verurteilung Ishaqs. Das Verfahren damals war der erste Prozess in Schweden wegen eines Kriegsverbrechens im Zusammenhang mit der Verwendung eines Kindersoldaten.

Foto: Ausländische IS-Anhängerin und Kinder zeigen die Geste der radikalen Islamisten, den erhobenen Zeigefinger, am Rande einer Anti-IS-Operation in Camp Hol © QSD