Raumentzug für Konferenz: Linke fordern Handeln von Hamburgs Bürgermeistern

Die Spitze der Hamburger Linksfraktion protestiert gegen den Entzug der Veranstaltungsräume für die Konferenz „Wir wollen unsere Welt zurück!“ und bietet Uni-Präsidium und Bürgermeister:innen ein Gespräch zur Lösungsfindung an.

Der Entzug der Veranstaltungsräume der internationalen Konferenz „Wir wollen unsere Welt zurück!“ durch das Präsidium der Universität Hamburg zieht weiter Kreise. Während die Unterschriftenliste unter einem Aufruf des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität zur Unterstützung der Konferenz immer länger wird, schaltet sich nun auch die Politik ein. Die Ko-Vorsitzenden der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus, protestieren scharf dagegen, dass die Hochschule den Organisierenden der Konferenz – dem AStA Hamburg und dem Bündnis „Network for an Alternative Quest“ – nach Hinweisen des Verfassungsschutzes kurzfristig die Räume gecancelt hat, und haben sich mit einem Brief an Hochschulpräsident Prof. Hauke Heekeren, Hamburgs ersten Bürgermeister Peter Tschentscher sowie Katharina Fegebank, zweite Bürgermeisterin der Hansestadt, gewandt.

Logistische Probleme

In dem Schreiben, das ANF vorliegt, äußern Özdemir und Boeddinghaus ihre Sorge über den Raumentzug für die Konferenz und bieten ein Gespräch zur Lösungsfindung an, sodass die Veranstaltung wie geplant in den Räumlichkeiten der Universität stattfinden kann. Trotz der wiederholten Ablehnung von Gesprächen durch das Uni-Präsidium sind auch die Veranstaltenden weiterhin gesprächsbereit und fordern Heekeren ebenfalls auf, die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Gerade im Hinblick auf die hohe Anzahl an angemeldeten Teilnehmenden stelle der kurzfristige Raumentzug ein logistisches Problem dar, betonen Özdemir und ihre Kollegin. „So viele Personen am Wochenende an einem anderen Ort unterbringen zu können, ist kaum möglich und es kommt daher einer Absage der Konferenz gleich“, befürchten sie.

Hochkarätige Teilnehmende

Die Konferenz mit mehr als 1.300 Gästen aus dem In- und Ausland soll über das Osterwochenende in Hamburg stattfinden. Sie ist Teil einer Reihe von Konferenzen unter dem Titel „Die kapitalistische Moderne herausfordern“. In den vergangenen zehn Jahren konnten bereits drei derartige Konferenzen ohne Probleme an der Hamburger Universität durchgeführt werden, zuletzt 2017. Dieses Jahr werden unter anderem der irisch-mexikanische Politikwissenschaftler John Holloway und die erste indigene Präsidentschaftskandidatin für die Präsidentschaftswahl 2018 in Mexiko, María de Jesús Patricio Martínez, erwartet.

Eine plurale Gesellschaft braucht kritische Auseinandersetzung

Als Begründung für den Raumentzug gibt die Hamburger Universitätsleitung an, dass das Landesamt für Verfassungsschutz die Konferenz als „extremistisch“ einstuft. Cansu Özdemir kommentiert: „Die Rücknahme der zugesagten Räumlichkeiten durch die Universität auf Zuruf des Verfassungsschutzes ist ein erheblicher Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und unterbindet den kritischen Diskurs. Eine plurale Gesellschaft braucht kritische Auseinandersetzung und Hochschulen sollten dafür ganz wortwörtlich den Raum bieten. Die Universität sollte sich ernsthaft fragen, für welche Werte sie eigentlich einsteht, wenn sie sich zum Erfüllungsgehilfen des Verfassungsschutzes machen lässt.“

Einzigartige Konferenz

Seit bald einem Jahr arbeiten der AStA Hamburg und das Network for an Alternative Quest bereits daran, die vierte Konferenz der Reihe „Die kapitalistische Moderne herausfordern“ zu organisieren. Thematischer Schwerpunkt der Konferenz mit Teilnehmenden aus Wissenschaft, sozialen Bewegungen und der Hamburger Studierendenschaft sind drängende Gegenwartsfragen. Im Fokus stehen Themen wie die Klimakrise und ökologische Nachhaltigkeit, Feminismus oder Alternativen zum Kapitalismus. Durch die Verbindung von wissenschaftlichem Anspruch und Handelnden aus der Zivilgesellschaft sowie durch ihren internationalen Charakter dürfte die Konferenz in dieser Form einzigartig sein.

Findet wie geplant statt

Das betonen auch Özdemir und Boeddinghaus in ihrem Brief an das Präsidium der Universität Hamburg und die Bürgermeister:innen Tschentscher und Fegebank. Die Hochschule habe nicht nur die räumlichen Kapazitäten für eine solche Konferenz, sondern spiegele auch den wissenschaftlichen Charakter der Veranstaltung wider. Außerdem sei geplant gewesen, dass die Wissenschaftler:innen „die schöne Stadt“ Hamburg durch Stadtführungen näher kennenlernen. Bis jetzt erhielten die linken Bürgerschaftsabgeordneten noch keine Antwort auf ihr Schreiben. Das Gremium, das die Konferenz organisiert, betonte derweil, dass die Veranstaltung trotzdem wie geplant über das Osterwochenende in Hamburg stattfinden wird.