Derzeit befinden sich zwölf Kurden in deutscher Straf- beziehungsweise Untersuchungshaft, weil ihnen gemäß Paragraph 129b StGB vorgeworfen wird, als Kader für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Deutschland tätig gewesen zu sein. Grundlage dieser Verfahren ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), aus dem Jahr 2010: Die PKK sei nicht mehr als kriminelle Vereinigung im Inland, sondern nunmehr als terroristische Vereinigung im Ausland nach Paragraph 129b Strafgesetzbuch anzusehen.
Wie der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ mitteilt, stehen im August zwei der inhaftierten Aktivisten vor Gericht: In Frankfurt am Main wird zunächst der Prozess gegen Ali Ö. fortgesetzt. Der 55-Jährige befindet sich seit über einem Jahr unter verschärften Bedingungen in Untersuchungshaft, weil er verschiedene „PKK-Gebiete“ politisch und organisatorisch betreut haben soll. Konkret soll er Versammlungen durchgeführt, die Arbeit von Aktivist:innen koordiniert oder zur Teilnahme an Festivals oder anderen Großveranstaltungen mobilisiert, Nachwuchs angeworben und Spendengeldkampagnen überwacht haben. Die Verhandlungstermine sind am Montag, 21. August, und Freitag, 25. August und beginnen jeweils um 9:30 Uhr, Saal II, Gebäude E, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt am Main.
OLG Koblenz: 129b-Prozess gegen Sabri Ç. wird eröffnet
In Koblenz wird am 31. August das Staatsschutzverfahren gegen Sabri Ç. eröffnet. Der 52-Jährige war auf Ersuchen der bundesdeutschen Strafverfolgungsbehörden im Juni 2022 mittels eines europäischen Haftbefehls in Paris fest- und in Auslieferungshaft genommen worden. Anfang des Jahres erfolgte seine Überstellung nach Deutschland. Seitdem befindet er sich in der JVA Wittlich.
Sabri Ç. wird beschuldigt, als hauptamtlicher Kader das „PKK-Gebiet“ Saarbrücken verantwortlich geleitet zu haben. Damit habe er sich „Verbrechen“ nach §§ 129a und b StGB schuldig gemacht. Neben den typischen finanziellen, organisatorischen und propagandistischen Aufgaben soll er laut Anklage ebenfalls Parteinachwuchs rekrutiert haben.
Der Prozessauftakt gegen Ç. beginnt um 9:30 Uhr vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Regierungsstr. 7. Weitere Verhandlungen sind bis vorerst Mitte Oktober 2023 terminiert.
Keine individuellen Straftaten
Laut AZADÎ sind nach aktuellem Stand 65 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen. In den meisten dieser Verfahren geht es jedoch nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. In jüngster Zeit erteilt das FDP-geführte Bundesjustizministerium zunehmend Einzelermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist:innen nach §§ 129a/b. Weil die Behörden bei den meisten wegen eines festen Wohnsitzes und einer Familiengebundenheit keine Fluchtgefahr annehmen, bleiben sie von einer Inhaftierung verschont. Ihre genaue Zahl ist AZADÎ nicht bekannt.
Umfangreiches DHKP-C-Verfahren in Düsseldorf
AZADÎ weist außerdem auf ein umfangreiches 129b-Verfahren vor dem 7. Strafsenat des OLG Düsseldorf gegen drei Aktivist:innen hin, die vom Generalbundesanwalt beschuldigt werden, das sogenannte Deutschland-Komitee für die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) gebildet zu haben. Seit ihrer Festnahme im Mai des vergangenen Jahres befinden sich Özgül Emre, Ihsan Cibelik und Serkan Küpeli in Untersuchungshaft. Das Verfahren, das am 14. Juni 2023 vor dem OLG Düsseldorf (7. Strafsenat) eröffnet wurde, wird an folgenden Tagen fortgesetzt:
Montag, 1. August
Dienstag, 2. August
Mittwoch, 3. August
Donnerstag, 10. August
Dienstag, 15. August
Mittwoch, 16. August
Donnerstag, 17. August
Dienstag, 22. August
Mittwoch, 23. August
Montag, 28. August
Dienstag, 29. August
Mittwoch, 30. August und
Donnerstag, 31. August
Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr vor dem OLG Düsseldorf, Kapellweg 36 in Düsseldorf-Hamm.
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