Prozess gegen Yunus O. vor dem Oberlandesgerichts Celle

Das Solidaritätskomitee für die politischen Gefangenen Celle/Hannover begleitete gestern den Prozessbeginn gegen Yunus O. vor dem OLG-Celle.

Am Mittwoch, dem 17. Januar 2018, hat die Hauptverhandlung in einem Prozess gegen Yunus O. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Celle (5. Strafsenat) begonnen. Dem 43-jährigen kurdischen Aktivisten wirft die Generalstaatsanwaltschaft Celle vor, sich von August 2014 bis Oktober 2016 als leitendes Mitglied der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) betätigt zu haben. Darum will sie ihn nach §§ 129a/b StGB als „Mitglied einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ verurteilt sehen.

Das Solidaritätskomitee für die politischen Gefangenen Celle/Hannover begleitete gestern die Verhandlung vor dem OLG-Celle. In ihrer Presseerklärung schreibt sie zur gestrigen Verhandlung:

„Zu Beginn des ersten Prozesstags wurde nach den üblichen Formalien die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft verlesen. Darin wurde begründet, warum die PKK terroristisch sei, wie ihre Strukturen in Europa aufgebaut seien und welche Vorwürfe Yunus O. gemacht werden.

Er soll an verschiedenen öffentlichen und nichtöffentlichen Versammlungen wie Kundgebungen, Demos, Seminaren und organisatorischen Treffen teilgenommen haben. Des Weiteren sei er für den Verkauf von Zeitschriften und Eintrittskarten zu Feiern und Kulturfestivals verantwortlich gewesen. Auch habe er Busfahrten zu diesen Anlässen organisiert und über sie Berichte geschrieben. Weiter wird Yunus O. vorgeworfen, die Demokratische Partei der Völker (HDP) in ihrem Wahlkampf unterstützt zu haben. Auch soll er über Reisen nach Kurdistan kommuniziert sowie Spenden gesammelt und weitergeleitet haben.

All diese Handlungen stellen für sich keine Straftaten dar, doch wirft die Staatsanwaltschaft Yunus O. vor, er habe das in Kenntnis der Ziele, Methoden und Überzeugungen der PKK getan und daher als Mitglied der Vereinigung gehandelt.

Der Richter verwies auf ein vor der Hauptverhandlung stattgefundenes Gespräch zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten, in dem Yunus O. mit einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren gedroht worden sei. Diese Strafe könne niedriger ausfallen oder auf Bewährung ausgesetzt werden, wenn er sich zu den Vorwürfen bekenne und von seinen Handlungen distanziere.

Das wies Yunus O. entschieden zurück. Zur Sache wolle er sich nicht äußern, aber er wolle anmerken, dass die PKK als gefährlich dargestellt werde. So wie in der Türkei alles Kurdische kriminalisiert werde und mit der PKK gleichgesetzt werde, verfahre die Anklage gegen ihn. Er sei in die BRD geflüchtet, weil eine politische Betätigung als Kurde in der Türkei unmöglich sei. Hier habe er sich ein Leben und eine Familie aufgebaut und auch hier wolle er sich als Kurde engagieren. Für ihn sei die PKK keine Terrororganisation, aber er sei auch kein Kader der PKK. Mehr habe er dem Gericht jetzt nicht zu sagen.

Der Verteidiger von  Yunus O., Rechtsanwalt Necdal Dişli, stellte einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens aufgrund von Verfahrenshindernissen, die in der völkerrechtswidrigen Unterstützung der Türkei für den Islamischen Staat in Syrien bestünden.

Der vorsitzende Richter ordnete das Selbstleseverfahren aller Aktenbestandteile zu Strukturen der PKK, Telekommunikationsüberwachung und Ermittlungsberichten an, die damit Bestandteil der Verfahrens würden, ohne vor Gericht und der Öffentlichkeit mündlich vorgetragen und ggf. diskutiert zu werden.

Darüber hinaus wurde eine Erklärung des Senats zur Geschichte und Entwicklung der PKK vorgetragen, die sich als allgemein zugänglichen Quellen speisen soll und damit als allgemeingültig Grundlage des Verfahrens sei. Die darin aufgeführte Definition eines Kaders widersprach allerdings durchaus derjenigen der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift.

Gegen Ende des Verhandlungstages wurde mit der Beweisaufnahme durch die Befragung von Zeug*innen begonnen.

Das Verfahren wird sich über mehrere Monate ziehen und ist bereits bis Mitte März terminiert.

Weitere bereits feststehende Termine sind 19.01., 24.01., 05.02., 12.02., 14.02., 26.02., 28.02., 05.03., 14.03. und 16.03.2018, jeweils in Saal 50 des OLG Celle (Schlossplatz 2, 29221 Celle)."

Über die Verfahren gegen Yunus O. sowie gegen alle anderen kurdischen Aktivist*innen, die nach §§ 129a, 129b StGB angeklagt werden, informiert der Blog: https://freiheit.blackblogs.org"

Pressekontakt zum Solidaritätskomitee für die politischen Gefangenen Celle/Hannover

[email protected]

015213381093