Proteste gegen tödlichen Drohnenangriff auf kurdische Presse

In verschiedenen europäischen Städten haben Menschen gegen den tödlichen Anschlag auf Medienschaffende in der Kurdistan-Region des Irak demonstriert. Das Motto war: „Stoppt den Genozid! Keine Unterstützung für die türkische Kriegspolitik!“

Internationale Gemeinschaft muss handeln

In verschiedenen europäischen Städten haben Menschen am Samstag gegen den tödlichen Anschlag auf Medienschaffende in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) demonstriert. Bei dem Drohnenangriff in der Nähe von Silêmanî waren am Freitag die Journalistinnen Gülistan Tara und Hêro Bahadîn getötet worden, sechs weitere Presseleute wurden verletzt. Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) betrachtet die Tat als Teil des Genozids an den Kurdinnen und Kurden und hatte ausdrücklich zu Protesten aufgerufen. „Stoppt den Genozid! Keine Unterstützung für die türkische Kriegspolitik!“ forderte der Frauenverband. Und: „Die internationale Gemeinschaft muss sofort handeln und die Partnerschaft mit der Türkei beenden, um die Massaker an den Kurdinnen und Kurden zu stoppen.“

Kundgebung in Berlin

Auf einer vom Frauenrat Dest Dan und der Jugendbewegung TekoJIN neben der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin veranstalteten Kundgebung wurde kritisiert, dass zahlreiche Verbrechen des türkischen Staates in den kurdischen Gebieten von den westlichen Großmächten geduldet und „allem Anschein nach mitunter sogar unterstützt“ würden. „Ob in Südkurdistan, Şengal oder Rojava – überall, wo Kurdinnen und Kurden leben, finden seit Jahren systematische Angriffe statt“, wurde aus der TJK-E-Erklärung zitiert. Das Ziel dahinter sei es, die kurdische Identität und Existenz auszulöschen. Weiter hieß es:


„Diese Angriffe, die durch die Gewährung von Luftraumfreiheit durch internationale Mächte unterstützt werden, sind nichts anderes als eine Beteiligung an einem Völkermord. Der türkische Staat nutzt diese Freiheit, um Drohnenangriffe durchzuführen, die sich gezielt gegen Zivilist:innen und die kurdische Frauenbewegung richten. Wir rufen daher die kurdische Bevölkerung und die demokratische Weltöffentlichkeit auf, eine klare und entschiedene Haltung gegen Verrat und Völkermord einzunehmen. Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft: Beenden Sie die Unterstützung für die türkische Kriegspolitik und stoppen Sie die Massaker an den Kurdinnen und Kurden! Verweigern Sie die Freiheit des Luftraums, die der Türkei gewährt wird, um Angriffe in Kurdistan durchzuführen. Wer zu diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit schweigt, macht sich mitschuldig. Es ist an der Zeit, den Druck auf die internationale Gemeinschaft zu erhöhen und ein klares Zeichen gegen die Massaker zu setzen.“

Kundgebung in Zürich

Im schweizerischen Zürich kamen zahlreiche Menschen auf Einladung des Frauenrats Bêrîtan und des Vereins „Demokratisches Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden“ zu einer Kundgebung auf dem Helvetiaplatz zusammen. Die Aktivistin Adile Güzel prangerte den Mord an Gülistan Tara und Hêro Bahadîn als staatlichen Femizid an und forderte die Schweiz sowie andere Länder auf, ihre Beziehungen mit Ankara abzubrechen und Sanktionen gegen das Regime von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan zu verhängen. „Darüber hinaus verlangen wir die Demilitarisierung des Luftraums über Südkurdistan, Şengal und Rojava“, sagte Güzel.


Die aktuelle Form des Krieges des türkischen Staates in der Region sei gekennzeichnet durch eine massive Bedrohung durch Drohnenangriffe. Viel zu oft würden in Kurdistan durch unbemannte Drohnen verübte Anschläge der Türkei geschehen, die oftmals jene treffen, die eine Rolle bei den Errungenschaften des kurdischen Volkes spielten – etwa sich am Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) oder dem Aufbau der Selbstverwaltung beteiligten oder wie Gülistan Tara und Hêro Bahadîn für die freie kurdische Presse arbeiteten. „Diese Angriffe verstoßen gegen Völkerrecht und erregen trotz starker Thematisierung keine große Öffentlichkeit“, kritisierte die Aktivistin. „Wir fordern die Regierung der Schweiz auf, sich für die Einrichtung einer Flugverbotszone über den kurdischen Gebieten in Syrien und im Irak einzusetzen, die zum ständigen Ziel des türkischen Staatsterrors werden.“

Wut in Marseille

In der südfranzösischen Hafenstadt Marseille hatten der kurdische Verein und der Frauenrat Arîn Mîrkan zu einer Protestveranstaltung eingeladen. Der Aktivist Yakup Serhad verlas ein Statement im Namen beider Organisationen. Darin wurde der in Südkurdistan herrschenden Barzanî-Partei PDK (Demokratische Partei Kurdistans) eine Mitschuld an der Tötung von Gülistan Tara und Hêro Bahadîn vorgeworfen. „Sie sind Kollaborateure, die den Weg zur türkischen Besatzung des Südens geebnet haben. Die PDK ist es auch, die den Feinden des kurdischen Volkes bei ihrem ‚Kampf‘ gegen die Guerilla zur Hilfe geeilt sind. Sie werden auf dem Müllhaufen der Geschichte landen. Ihr Verrat und ihre Niedertracht werden nicht vergessen werden.“ Serhad kündigte zudem eine größere Demonstration gegen den Drohnenmord an den beiden Journalistinnen am nächsten Samstag in Marseille an und rief zur Teilnahme auf.


Weitere Proteste fanden statt in:

Darmstadt


Stockholm


Basel


Paris


Kiel


Frankfurt am Main


Limassol


London