Proteste gegen internationales Komplott - UPDATE

In Deutschland wurde gegen das internationale Komplott protestiert, wie Kurd:innen den Piratenakt gegen Abdullah Öcalan nennen. Am 9. Oktober 1998 musste er Syrien auf Druck der NATO verlassen, um bald darauf in die Türkei entführt zu werden.

Am 9. Oktober jährt sich zum 25. Mal der Beginn des internationalen Komplotts gegen den PKK-Vorsitzenden, politischen Denker und kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan. Öcalan musste auf internationalen Druck durch die Türkei und die NATO am 9. Oktober 1998 Syrien verlassen und begab sich auf eine Odyssee für einen Friedensprozess, die am 15. Februar 1999 durch eine internationale Geheimdienstoperation in seine Verschleppung aus der griechischen Botschaft in Nairobi auf die türkische Gefängnisinsel Imrali mündete. Dieser Tag ist für viele Kurdinnen und Kurden ein Tag des Protests, denn die Situation Öcalans gilt auch als Gradmesser für die Situation des kurdischen Volkes. Öcalan befindet sich in absoluter Isolationshaft, seit nunmehr zweieinhalb Jahren können ihn weder seit Anwaltsteam noch seine Familie besuchen. Viele Menschen machen sich Sorgen um sein Leben.

Um das Ende der Isolation auf Imrali und Bedingungen für Öcalan einzufordern, in denen er frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage und damit für ein Ende des Krieges in Kurdistan beizutragen, finden an diesem Wochenende weltweit Demonstrationen statt, zu denen traditionell die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) aufruft. In Deutschland wurde bereits am Samstag protestiert. In rund einem Dutzend Städte im Bundesgebiet gingen viele Menschen auf die Straße. Zentrales Thema war dabei auch die seit Tagen andauernde Angriffswelle der Türkei gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien.

Duisburg: Öcalan befreien, Rojava verteidigen

Bei einer Kundgebung mit anschließender Demonstration ab Duisburg Hauptbahnhof erklärte Ayten Kaplan, Sprecherin der TJK-E, dass die kurdische Gesellschaft die These, dass die Isolation von Abdullah Öcalan als Gradmesser für die genozidale Politik des türkischen Staates gilt, nicht aus der Luft gegriffen hätte. Dieser Tage mache sich diese Tatsache wieder mehr als deutlich, sagte die langjährige Aktivistin mit Blick auf die sogenannte „Luft-Boden-Offensive“ der Türkei in Rojava, wo Öcalans Vision einer emanzipatorischen und multiethnischen Gesellschaft ohne Staat, mit Basisdemokratie und Rätestruktur, Frauenbefreiung auf allen Ebenen und einer gerechten Ökologie in die Praxis umgesetzt wird. Kaplan betonte, dass sich die Angriffe gezielt gegen die Infrastruktur Nord- und Ostsyriens sowie die Zivilbevölkerung richteten, und sprach in diesem Zusammenhang von einem Genozid, der mit Billigung der internationalen Gemeinschaft von einem NATO-Staat verübt werde. „Wir warnen explizit davor, dass Rojava existenziell gefährdet ist. Daher sprechen wir uns für eine Mobilisierung aus, um Rojava – unsere Würde, Heimat und Zukunft – zu verteidigen.“


In weiteren Beiträgen kritisierten die Rednerinnen auch die Ignoranz internationaler Institutionen gegenüber dem Unrecht auf Imrali. Explizit benannt wurden das Europäische Komitee zur Verhinderung von Folter (CPT) und die Vereinten Nationen (UN), die im Fall der Kurdinnen und Kurden offenbar kein Interesse daran hätten, Menschenrechte zu achten und der Isolation auf Imrali ein Ende zu setzen, sagte etwa Ruken Akça, Ko-Vorsitzende des bundesdeutschen Dachverbands kurdischer Vereine KON-MED. Zozan Dêrik von der Partei der demokratischen Einheit) fügte hinzu, dass die vermeintliche Wertegemeinschaft des Westens der Vernichtung kurdischer Existenz durch eine faschistisch und genozidal motivierte Türkei nicht entgegentrete, weil es nicht in ihrem Interesse läge, Vorhaben des eigenen Handlangers zu sabotieren. Dies gelte sowohl im Fall Öcalan als auch für die die aktuelle Angriffswelle gegen Nord- und Ostsyrien. Freiheit könne nur vom Volk selbst erkämpft werden.

Demonstration in Darmstadt

An einer kämpferischen Demonstration in Darmstadt beteiligten sich auch Menschen aus Gießen, Rüsselsheim, Frankfurt, Hanau, Mannheim und Offenbach.


Kundgebung und Demonstration in Hannover

In Hannover lud der Frauenrat Ronahî zu einer Kundgebung am Steintor ein. Der Ort in der Innenstadt Hannovers hat sich ins Gedächtnis der kurdischen Exil-Community eingebrannt, da dort der kurdische Jugendliche Halim Dener am 30. Juni 1994 von einem SEK-Beamten durch einen Schuss in den Rücken getötet wurde. Die Zusammenkunft wurde daher mit einer Schweigeminute für alle Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfs eröffnet, zu denen auch Halim Dener zählt. Danach wurden Reden gehalten, in denen betont wurde, dass der Widerstand für die Freiheit Abdullah Öcalans in direktem Zusammenhang mit dem Kampf gegen Unterdrückung, Besatzung und Krieg in Kurdistan stehe.

In einer im Namen der TJK-E verlesenen Erklärung betonte man, dass die auf Imrali aufrechtgehaltene Isolation tragende Säule der antikurdisch motivierten Vernichtungspolitik des türkischen Staates sei. Eine andere Facette dieser Praxis sei der Krieg in Rojava. Die Herrschenden in Ankara würden von einem genozidal motivierten Hass getrieben, der sich aus einer unversöhnlichen Feindschaft gegenüber den demokratischen und freiheitlichen Gesellschaften in Kurdistan erkläre.


Im Anschluss an die Kundgebung gab es eine Demonstration, die zum türkischen Konsulat führte. Besonders laut wurden während der Strecke und vor dem Gebäude die Parolen „Bijî Serok Apo“ (Es lebe der Vorsitzende Apo“ und „Bijî Berxwedana Rojava“ (Es lebe der Widerstand von Rojava) skandiert.

Protest vor Bremer Landesparlament

In Bremen fanden sich viele Menschen auf Einladung des Demokratischen Gesellschaftszentrums der Kurdinnen und Kurden e.V. und des Frauenrats Seve vor der Bremischen Bürgerschaft, dem Landesparlament der Freien Hansestadt, ein. Xezal Yalçın von der TJK-E sagte, dass es mit einem isolierten Abdullah Öcalan weder Freiheit noch Frieden geben könne. „Wir sehen Öcalan als eine Schlüsselfigur für die Lösung der kurdischen Frage. Seine Freilassung wird einen dauerhaften Frieden ermöglichen – in Kurdistan, aber auch in anderen Regionen von Nah- und Mittelost. Denn Öcalan ist der einzige Akteur mit einem Lösungsplan für die vielfältigen Probleme in einer Region, die seit Jahren dauerhafter Kriegsschauplatz sei. „Wir kündigen daher an, den Kampf für die Freiheit Abdullah Öcalans auszuweiten“, so Yalçın.


Weitere Aktionen, Proteste und Demonstrationen fanden unter anderem in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Kassel, Saarbrücken, Dresden, Freiburg und Kiel statt.

Protest in Kiel

Demonstration in Kassel

Demonstration in Stuttgart

Demonstration in Freiburg

Demonstration in Berlin

Protest in Saarbrücken

Protest in Dresden