Protest gegen Rheinmetall auf Karrieremesse in Merseburg

Auf einer Karrieremesse an der Hochschule Merseburg haben Studierende gegen den Rüstungskonzern Rheinmetall und die Bundeswehr protestiert. „Ein kurdischer Genozid mit deutschen Waffen ist untragbar“, so die Studierenden.

Zur heutigen Karrieremesse an der Hochschule Merseburg führten zwei Studierendeninitiativen Protestaktionen durch. Um 11.45 Uhr begaben sich Vertreter*innen der Studierendeninitiative für eine Zivilklausel an der Hochschule Merseburg vor die Stände der Bundeswehr und des Unternehmens Rheinmetall und entrollten ein Transparent.

Zeitgleich entrollten Studierende der Initiative „Keine Bundeswehr an der HoMe" ein Transparent an einem Geländer oberhalb des Standes der Bundeswehr. Selbige Initiative machte zudem mit Botschaften, die an die Körper der Protestierenden geheftet waren, auf ihr Anliegen aufmerksam.

Während des durchweg friedlich artikulierten Protests wurden mehrere Kritikpunkte durch Sprechchöre wie „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan!", „Iran, Irak, Syrien, Türkei - bei jeder Schweinerei ist die BRD dabei", „Blut, Blut, Blut an euren Händen", „Deutsche Waffen, deutsches Geld - morden mit in aller Welt" kundgetan. Zudem wurden Redebeiträge und Forderungen verlesen.

Die Betreuer*innen der beiden kritisierten Stände äußerten sich nicht zu einer der vorgebrachten Kritiken. Teile der Unileitung reagierten jedoch mehr als ungehalten und versuchten zumindest zu Beginn des Protestes diesen rabiat zu unterbinden. Unbeirrt von mehreren Unterbindungsversuchen und Räumungsandrohungen machten die Studierenden von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch. Sie betonten die Solidarität mit den Kurd*innen in Nordostsyrien, auch Rojava genannt.

Pressesprecher*in Andrea Wulff sagt dazu: „Schließlich haben die Kurd*innen, nicht zuletzt in verlustreichen Häuserkämpfen, den sogenannten Islamischen Staat bekämpft und hatten somit maßgeblichen Anteil an dessen vorläufigem Ende. Dass nun mit Panzern der Firma Rheinmetall diese Islamisten wieder aus Gefängnissen befreit werden, finden wir schon eine unvorstellbare Sauerei. Dass der Diktator Erdoğan - als würden nicht schon genug Oppositionelle in türkischen Gefängnissen leiden - sich nun anmacht, im selben Zuge einen Genozid an den Kurd*innen mit deutschen Waffen durchzuführen, finden wir untragbar. Das Schweigen der deutschen Industrie und Politik dazu ist auf keinerlei Grundlage zu rechtfertigen. Wir fordern deshalb den Ausschluss von Vertreter*innen des militärisch-industriellen Komplexes aus unserer Hochschule und eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über eine Demilitarisierung und Vergesellschaftung von Rüstungskonzernen!"

Als Reaktion der Hochschule Merseburg auf die Proteste sicherte Hochschulrektor Dr. Kirbs den Protestierenden zu, zwei Foren veranstalten zu wollen. Der Schwerpunkt des Ersten soll sich mit demokratischen Aushandlungs- und Entscheidungsprozessen an der Hochschule befassen. Bei einer weiteren Veranstaltung soll es konkret eine Auseinandersetzung über die Teilnahme von Rüstungskonzernen und Bundeswehr an der Hochschule geben.

„Besonders betonen möchte ich an dieser Stelle, dass ich es als eine Frechheit empfinde, dass demonstrierenden Student*innen das Wort entzogen werden soll, während sich offizielle Vertreter der Universität bei Rheinmetall entschuldigen. Wir als Studierende sind ein wichtiger Teil der Universität und formen diese mit. Wenn überhaupt ist sich bei uns zu entschuldigen, dass die Studierendenschaft nicht am Auswahlprozess der Gäste der Karrieremesse beteiligt wird, sondern dies ausschließlich Profit- und Vermarktungsinteressen folgend entschieden wird", so Andrea Wulff als Pressesprecherin der Initiative für eine Zivilklausel an der Hochschule Merseburg.

War starts here – Rüstungskonzerne entwaffnen

In einem Flugblatt erklärte die Initiative, als Studierende der Hochschule Merseburg entsetzt darüber zu sein, dass „Unternehmen wie Rheinmetall hier für sich und ihre todbringenden Produkte werben“ dürfen.

Weiter hieß es in dem Flugblatt der „Merseburger Student*innen für eine Zivilklausel“:

Gerade in Krisenzeiten stehen Bildung und Wissenschaft in der Verantwortung, zur Lösung der drängenden gesellschaftlichen Probleme beizutragen und für menschenwürdige Lebensverhältnisse und Frieden weltweit zu forschen. Die Universitäten sollten und können Kriegs- und Friedensursachen ergründen, Strategien ziviler Konfliktlösungen entwickeln und für internationale Zusammenarbeit und Völkerverständigung eintreten.

Dem steht entgegen, dass Rüstungsunternehmen und Militär in alle Bereiche der Forschung drängen: Die Informationsstelle Militarisierung Tübingen listet allein 60 zivile deutsche Hochschulen auf, an denen sich Wissenschaftler*innen mit wehrtechnischen und wehrmedizinischen Fragestellungen befassen.

Die Waffen, die Rheinmetall entwickelt und produziert, werden an autoritäre Regime weltweit geliefert. Dort werden sie genutzt um Menschenrechte zu unterdrücken, Dissident*innen mundtot zu machen und Minderheiten zu töten.

Die bis heute anhaltenden Lieferungen der Firma Rheinmetall an die Türkei zeigen - kapitalistische Unternehmen sehen sich einzig den Gesetzen von Wachstum und Gewinnmaximierung verpflichtet. Menschenrechte interessieren sie nicht, sondern sind eine Gefahr für ihre Bilanz und die Dividende ihrer Aktionär*innen.

Wenn also heute - wie seit über einem Monat - deutsche Waffen der Firma Rheinmetall Kurd*innen, Ezid*innen und syrische Christen in den selbstverwalteten Gebieten Rojavas töten, sind Rheinmetall, deren Aktionär*innen und auch ihre Promoter*innen hier mit verantwortlich. Jeden Tag töten islamistische Milizen und Militärs im Dienste Erdoğans unsere Freund*innen, vertreiben, vergewaltigen und foltern.

Wir selber kannten Leute, die unsere Freund*innen waren, die im Zuge des völkerrechtswidrigen türkischen Angriffskrieges in Syrien getötet wurden. Es ist unerträglich, wenn gewissenlose Vertreter*innen eines solchen Konzerns an der Seite einer von Neonazi-Netzwerken durchsetzten Bundeswehr sich an unserer Hochschule präsentiert.

Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen in Rojava (Nord- und Ostsyrien), die auch für unsere Interessen gegen den IS gekämpft haben und deren Existenz nun durch den Angriffskrieg der Türkei mit deutschen Waffen bedroht ist.

Unsere Hochschule hat die Möglichkeit sich mit Hilfe einer Zivilklausel zur Forschung ausschließlich für zivile und friedliche Zwecke, selbst zu verpflichten. Wir wollen keine Vertreter*innen des militärisch-industriellen Komplexes an unserer Hochschule. Wir fordern eine Zivilklausel in der Hochschulverordnung an der Hochschule Merseburg!