Protest gegen „Marsch fürs Läbe” in Zürich

Rund 1800 Menschen stellten sich am Samstag in Zürich erfolgreich einem Aufmarsch von Abtreibungsgegner*innen entgegen. Das Bündnis für ein selbstbestimmtes Leben hatte zu dem Protest aufgerufen.

Dem Aufruf des Bündnisses für ein selbstbestimmtes Leben, sich dem „Marsch fürs Läbe” entgegenzustellen, folgten gestern etwa 1800 Menschen und versammelten sich auf der Zürcher Josefswiese, um gegen den „größeren rechten Aufmarsch auf Schweizer Straßen" zu protestieren. Schon kurz nachdem sich die Demonstration in Bewegung gesetzt hatte, riegelte die Polizei mit einem Großaufgebot und Wasserwerfern die Straße zur rechten Kundgebung ab. Die Protestierenden suchten auf verschiedenen Wegen zur Route der Abtreibungsgegner*innen zu gelangen.

Die Polizei setzte massiv Tränengas, Wasserwerfer und Gummischrot ein, um den Weg für den rechten Aufmarsch „christlicher Fundamentalist*innen aller Couleur, von erzkonservativen katholischen Würdenträgern über evangelikale Sekten und vermeintlich hippe Freikirchen bis zu antifeministischen SVPler*innen und Neonazis, freizumachen.

Trotz der massiven Angriffe seitens der Polizei konnte eine lautstarke Demonstration durch das Stadtviertel mit einem Abschluss auf der Josefswiese durchgeführt werden.

In einer Presseerklärung äußert sich das Bündnisses für ein selbstbestimmtes Leben zu ihrem gestrigen Protest:

Massive Proteste gegen den reaktionären “Marsch fürs Läbe”

Etwa 1800 Aktivist*innen haben sich heute im Zürcher Kreis 5 versammelt, um sich der reaktionären Hetze der christlichen Rechten entgegenzustellen. Mit verschiedenen Demonstrationen, Aktionen und vor allem lautstark haben wir das Recht auf Abtreibung und ein selbstbestimmtes Leben und eine freie Sexualität verteidigt.

Uns und unzähligen Passant*innen und Anwohner*innen ist es wichtig, für das hart erkämpfte Frauenrecht auf Abtreibung einzustehen. Wir wollen selber entscheiden, ob, wann und mit wem wir Kinder haben und wie wir leben.

So konnten wir den Aufmarsch der christlichen Rechten durchs Quartier verzögern und behindern. Die Demonstrationsroute des “Marsch fürs Läbe” beschränkte sich deswegen auf eine kurze Runde durch einige menschenleere Durchgangsstrassen um den Escher-Wyss-Platz herum. An einem Gebäude am Turbinenplatz, dem Kundgebungsort der Rechten, hing ein riesiges, unübersehbares Transparent mit der Aufschrift „Pro Life’ is a lie – you don’t care if women die”.

Es hat sich gezeigt, dass rechte Aufmärsche nicht hingenommen werden müssen, und dass wir uns mit direkten Aktionen und vielfältigen Formen erfolgreich dagegen wehren können. Statt reaktionärer Ideologie war heute die feministische, antirassistische und queere Bewegung in der Öffentlichkeit präsent. In diesem Sinne erachten wir die heutige Mobilisierung als vollen Erfolg für die antipatriarchalen Kräfte.

Die Polizei – unter der grünen Departamentsvorsteherin Kathrin Rykart – griff die Proteste an und versuchte uns einzuschränken. Aus diesem Grund teilte sich unsere Demonstration immer wieder auf und brachte so das Polizeidispositiv an seine Grenzen. Unser Erfolg – die Einschränkung der Marschroute der Rechten – ist insbesondere auf diese Demotaktik zurückzuführen. Protestierende und Familien mit Kindern, die sich auf der Josefwiese befanden, wurden mit Tränengas und Gummischrot eingedeckt und verjagt.

Die christlichen Fundamentalist*innen demonstrierten heute zum zehnten Mal gegen das Recht auf Abtreibung und damit gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, trans- und inter- und non binary- Personen über ihren Körper. Die Christen-Fundis inszenieren sich als Lebensschützer*innen, doch propagieren sie ein gewaltig reaktionäres, frauen- und LGBTIQ*-verachtendes Menschenbild. Das «Läbe», welches sie sich wünschen, ist ein patriarchales, zutiefst sexistisches und konservatives Leben wo Frauen zu Gebärmaschinen für Staat, Nation, Kirche und Kapital degradiert werden und über kein Selbstbestimmungsrecht verfügen: Vo wäge für’s Läbe!

Die rechten Christ*innen proklamieren, dass Abtreibung Mord sei, die psychische Gesundheit gefährde und das christliche Modell der patriarchalen Kernfamilie aushöhle. Zur Untermauerung ihrer Argumente scheuen sie auch nicht davor zurück, Menschen mit Behinderung auf die Strasse zu zerren. Dieses Vorgehen ist perfide und degradiert Menschen mit Behinderungen, in dem es sie als Werbeträger*innen reaktionärer Positionen instrumentalisiert.

Mitorganisiert wird der «Marsch für’s Läbe» vom Zürcher SVP-Politiker Daniel Regli, der in der Vergangenheit durch menschenverachtende Aussagen zu Suizid bei Schwulen fragwürdige Berühmtheit erlangte. Aber auch die anderen OK-Mitglieder haben es in sich. Neben den Anbieter*innen moralisierender Beratungsseiten, finden sich hier auch zahlreiche Akteur*innen wieder, die offen islamophobe, fremdenfeindliche, homophobe und transphobe Positionen vertreten. So etwa die Betreiber*innen der Website zukunft-ch.ch, die mit Texten und Veranstaltungen zu Überfremdung, aber auch zur Heilung Transsexueller das Bild einer «Zukunft» zeichnen, in der nur weisse, hetero-cis-Christ*innen einen Platz haben. Ebenfalls vertreten waren die Mitglieder von «Christen für die Wahrheit», einer sektenartigen Gruppierung, die immer wieder mit der Verbreitung schwurbeliger Verschwörungstheorien und massiv queerfeindlicher Inhalte negativ auffallen.

Fotos: www.ajour-mag.ch