Pro Asyl ruft zur Aufnahme von Schutzsuchenden auf

Am Sonntag werden in mehreren deutschen Städten Demonstrationen stattfinden, um die Forderung zur Evakuierung der auf Lesbos festgehaltenen Schutzsuchenden aus dem Lager Moria zu bekräftigen.

Die Organisation Pro Asyl stellt sich vehement gegen die Einrichtung eines neuen Lagers auf der Ägäisinsel Lesbos und fordert die Evakuierung der Schutzsuchenden. In ihrer Erklärung heißt es: „Es darf kein Moria 2.0, keine Hotspots unter europäischer Flagge geben.“ Günther Burkhard, Sprecher von Pro Asyl, kritisiert die Pläne, auf der Insel Lesbos ein neues, von der EU mitverwaltetes Lager aufzubauen. Am Sonntag sollen neben einer Großdemonstration in Berlin auch Aktionen in München und Köln stattfinden.

An dem Bündnis, das die Demonstrationen organisiert, sind Gruppen wie Fridays for Future und Seebrücke beteiligt. Burkhard forderte vom Bundesrat die Spielräume für Bundesländer zur Flüchtlingsaufnahme zu erweitern, so dass diese „selbst entscheiden können, mehr Schutzsuchende aufzunehmen“. Bisher hat Bundesinnenminister Seehofer jegliche Aufnahme durch die Kommunen blockiert. Nur eine geringe Zahl von 1.500 ohnehin schon anerkannten Schutzsuchenden soll von Lesbos nach Deutschland evakuiert werden.

Das vollkommen überfüllte Flüchtlingslager Moria war vergangene Woche vollständig abgebrannt. Etwa 12.600 Menschen, unter ihnen 4.000 Kinder und Jugendliche, wurden durch den Brand obdachlos. Tausende ehemalige Lagerbewohner, darunter auch Schwangere und Familien mit kleinen Kindern, harren seitdem im Freien aus. Die Polizei versucht nun, die Schutzsuchenden mit aller Gewalt dazu zu zwingen, in ein neues Lager auf der Insel zu ziehen. Da die Schutzsuchenden dort eingesperrt werden sollen, wehren sich viele dagegen.

Moria 2.0 unter europäischer Flagge?

Zur Neueinrichtung von EU-Lagern an der Grenze warnt Burkhard: „Die Weichen bezüglich der angestrebten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems werden nun auf Abwehr und Verweigerung des Zugangs zu Schutz und Asyl eingestellt, gestützt durch die Bundeskanzlerin.“ Merkel hatte am Montag von der „Europäisierung des Aufnahmezentrums“ gesprochen.

Ein solches europäisches Lager wäre der Grundstein für ein System, das nicht mit rechtsstaatlichen Standards einhergeht. Nach den Vorstellungen der griechischen Regierung wären dies zudem geschlossene Zentren.

Offener Brief an Kanzlerin

Gemeinsam mit Caritas Deutschland, Diakonie Deutschland, Amnesty International, Brot für die Welt und anderen deutschen Organisationen hat sich Pro Asyl am 11. September in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin gewandt und einen Paradigmenwechsel gefordert:

„Ein ‚Weiter so‘ in der europäischen Flüchtlingspolitik kann nach dem Brand von Moria keine Option sein. Die Strategie, Schutzsuchende mit dem Ziel an den Außengrenzen Europas festzuhalten, sie direkt von dort in autoritäre Staaten wie die Türkei zurückzuschicken, obwohl diese ihnen keinen tatsächlichen Schutz bieten, ist gescheitert.

Trotzdem setzen die bisher bekannten Vorschläge für eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf Asylverfahren und Lager an den europäischen Außengrenzen. Nach dem Brand von Moria kann an diesen Plänen nicht mehr festgehalten werden. Bitte nutzen Sie die deutsche Ratspräsidentschaft, um den notwendigen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik einzuleiten!“