Pervin Buldan: Das Ende der Tyrannei naht

„Wenn die Grausamkeit an einem Ort immer größer wird, ist das Ende des Tyrannen nicht mehr fern. Auch für die AKP ist das Ende des Weges in Sicht“, erklärt die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan auf dem Kongress ihrer Partei in Ankara.

Die Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Pervin Buldan, hat sich auf dem Kongress des Provinzverbands Ankara zu den aktuellen politischen Entwicklungen in der Türkei geäußert. „Wir sind eine Partei, die sich weiter auf den Beinen hält, obwohl die Hälfte von uns im Gefängnis ist“, erklärte Buldan kämpferisch in einer Rede: „Wir geben unser Wort, dass wir trotzdem weiter auf den Straßen, im Parlament, im Gefängnis und in allen Bereichen des Lebens für Frieden und Demokratie eintreten werden. Uns ist bewusst, dass gerade in den Gefängnissen Tausende Genossinnen und Genossen unseren Kampf verfolgen. Wir alle sehen, wie tyrannisch sich die AKP-Regierung gegenüber der Opposition in der Türkei und insbesondere gegenüber dem kurdischen Volk verhält. Wir leben in einer Zeit, in der die Unterdrückten aufrecht gegen die Tyrannei stehen.“

Die HDP sei mit einer Herrschermentalität konfrontiert, die dem kurdischen Volk die Luft zum Atmen missgönne, sagte die Parteivorsitzende: „Solange es mit der HDP jedoch weiterhin Menschen in der Türkei gibt, die sich für Demokratie einsetzen, ist die Zeit nicht mehr fern, in der die Tyrannen abtreten werden.“ Die AKP sei inzwischen regierungsunfähig. Nach 17 Jahren Regierungszeit leide das Land unter einer schweren Wirtschaftskrise und einer Polarisierung. Die Politik der Regierungskoalition aus AKP und MHP sei von Diebstahl, Korruption, Verleugnung und der Absicht, das kurdische Volk zu vernichten, geprägt. „Wer die Forderungen der Kurden und Demokraten nach Frieden ignoriert, wird bei der nächsten Wahl abgewählt werden. Mit den täglichen Festnahmeoperationen wird versucht, von der selbst erschaffenen Krise abzulenken“, so die HDP-Vorsitzende.

Pervin Buldan kritisierte auch die am 9. Oktober in Nordsyrien gestartete Militärinvasion der Türkei und erklärte: „Wo auch immer Kurden sind, ob in der Türkei oder im Nachbarland, stehen sie im Visier der Regierung. Das zeigt die Operation in Syrien. Niemand hat das Recht, die von den dort lebenden Kurden und allen anderen Bevölkerungsgruppen geschaffene Atmosphäre der Geschwisterlichkeit und des Friedens zu zerstören und die demografische Zusammensetzung zu verändern. Nehmt endlich die Hände weg von den Kurden! Hört auf damit, über die Kurden Politik zu machen. Die Kurden fordern seit Jahrhunderten Frieden ein, aber sie werden ständigen Massakern unterzogen. Es sollte doch klar sein, dass die Kurden in diesem Land ihren jahrhundertealten Widerstand auch künftig weiter fortsetzen werden.“

Zum Schluss ihrer Rede sagte die HDP-Vorsitzende: „Wenn die Grausamkeit an einem Ort immer größer wird, ist das Ende der Tyrannei nicht mehr fern. Vielleicht nicht sofort, aber in naher Zukunft werden wir sehen, was aus dem Ein-Mann-Regime geworden ist. Dafür müssen wir die Solidarität untereinander und unseren Kampf verstärken.“

32 kurdische Rathäuser unter Zwangsverwaltung

Während die Provinzverbände der HDP ihre planmäßigen Kongresse abhalten, werden täglich Politikerinnen und Politiker der Partei festgenommen und gewählte Bürgermeister abgesetzt. Bereits vor den Kommunalwahlen am 31. März hatte der türkische Regimechef Erdoğan angekündigt, alle HDP-Rathäuser im Falle eines Wahlsiegs zu okkupieren. Seit dem 19. August 2019 wurden 32 ehemals HDP-geführte Rathäuser durch das AKP-Regime unter Zwangsverwaltung gestellt. 21 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wurden verhaftet. Sechs gewählte Bürgermeister*innen konnten ihr Amt gar nicht erst antreten, weil der Wahlausschuss ihnen die Anerkennung verweigerte. An ihrer Stelle waren trotz Wahlniederlage die AKP-Kandidaten zu Bürgermeistern ernannt worden. Zuletzt ist heute im Rathaus des Bezirks Sûr in Amed (Diyarbakir) ein Zwangsverwalter eingesetzt worden. Die Ko-Bürgermeister*innen waren gestern festgenommen worden.